Regionalmanagement Thüringer Bogen:

Damals gab es das noch: Nicht Pfingstmontag, sondern mit einem arbeitsfreien Pfingstdienstag endete das hohe christliche Fest. Anno 1524 sollte dieser Tag im Mai eine besondere Rolle in der Geschichte des Gothaer Landes einnehmen. Lange schon gärte es hier, weil alle Schankhäuser per Gesetz verpflichtet waren, nur Bier auszuschenken, das in Gotha gebraut worden war. Das hatte den profanen Grund, die Erlöse aus der Biersteuer allein ins Säckel des Landesfürsten fließen zulassen. Nun weiß man nicht mehr, ob es die Qualität des Gothaer Bieres war, die in den Dörflern den sehnlichsten Wunsch weckte, eigenen Gerstensaft zu brauen, oder ob sie einfach nur rebellischer Natur waren.

Wie dem auch sei, die Menschen in dieser Bannmeile hatten vom Goth’schen Bier schon lange die Nase voll. So pfiffen die Bufleber auf das herzogliche Dekret und heizten die eigenen Braukessel an. An Streitigkeiten, die immer wieder aufflackerten, waren beide Seiten deshalb gewöhnt. An jenem Pfingstdienstag im Wonnemonat 1524 lief das Fass bei den Gothaern sprichwörtlich über. Wackere Bürger schnappten sich Büchsen, Hellebarden und andere Waffen, schnürten die Schuhe und nahmen den Weg nach Bufleben unter die Füße, um dem wilden Brauen vor Ort endgültig einen Riegel vorzuschieben. Das erwies sich ungleich schwerer als gedacht. Die Bufleber wehrten sich wild entschlossen, so dass die Verteidiger Goth’scher Braukunst erst einmal in Deckung gehen mussten. Doch als aus der nahen Stadt die Verstärkung mit kleinen Kanonen im Tross anrückte, fassten die Gothaer wieder Mut. Am Ende eroberten sie die Dorfschenke in Bufleben, schlugen deren Einrichtung kurz und klein und machten sich mit zwei Fässern Bier als Beute fröhlich auf den Rückweg. Dass sie Bufleber Bier beschlagnahmten, spricht für dessen Qualität. Und gewiss waren die Städter froh, mal ein anderes als ihr Gebräu im Krug zu haben.

„Kann so gewesen sein“, sagt Heiko Stipek, „wie bei allen Geschichten gibt es Lesarten. Fakt ist, dass der Bufleber Bierkrieg stattfand, dass wir den vermeintlich kürzeren zogen und dass die ganze Geschichte sich vor genau 500 Jahren ereignete.“ Deshalb ist nicht nur für den Bürgermeister von Bufleben klar, das muss entsprechend gefeiert werden. Und keineswegs allein, sondern mit den „Feinden“ von einst. Wo bliebe sonst der Spaß?

Am 11. Mai 2024, einem Samstag, verwandelt sich der Platz vorm Bürgerhaus in ein großes Festgelände. Weil die Bufleber im Nessetal in der gleichnamigen Landgemeinde angekommen sind, feiern sie nicht alleine. Vereine aus der ganzen Verwaltungsgemeinschaft wirken mit, um es zum 500-jährigen Jubiläum entsprechend krachen zu lassen. Es wurmt heute auch keinen mehr, dass es erneut die Goth’schen sind, die das Bier fürs Fest beisteuern. „Die Paulaner Brauerei stellt eigens dafür ein extra gebrautes Festbier bereit“, freut sich Bürgermeister Stipek. Auf den Weg macht sich auch Gothas Oberbürgermeister Knut Kreuch, fest entschlossen die Festrede zu halten. Wenn’s überhaupt noch nötig sein sollte, wird er verbindende Worte zwischen dereinst zerstrittenen Biertrinkern finden. Noch steht das Programm für diesen 11. Mai nicht in allen Einzelheiten fest, doch ist der Bürgermeister überzeugt: Es wird für jeden etwas dabei sein! Am 12. Mai klingt das Fest mit einem zünftigen Frühschoppen aus. Und ein Programmpunkt steht felsenfest: Mitglieder des Karnevalsvereins lassen den Krieg um den Gerstensaft in einem kleinen Theaterstück noch einmal aufleben, mit einem Augenzwinkern versteht sich.

In Bufleben wurde im Rahmen des Dorferneuerungsprogramms die historische Schänke „Zur Linde“ samt Bürgerhaus saniert. Der Traum von einem Dorfgasthaus ist längst ausgeträumt. „Gastronomie auf dem Land lohnt nicht mehr“, konstatiert Stipek. Doch das Haus in einem Dornröschenschlaf versinken zu lassen, weigern sich die Bufleber. Erneut haben sie sich Gedanken gemacht, wie übers Dorferneuerungsprogramm ihren Ort liebens- und lebenswerter gestaltet werden kann. Und sie wollen sich einbringen. „Deshalb haben alle Vereine sich einig gezeigt und wollen einmal im Monat ihr Gasthaus beleben. Dann soll Bier aus dem Zapfhahn fließen, dann sollen Angebote Jung und Alt in die Gaststube locken. „Das ist auch als Gemeinderatsbeschluss in den Akten vermerkt“ sagt der Bürgermeister. Dass die monatliche Aktion erfolgreich sein wird, steht für ihn bereits fest: „Alle acht Vereine in unserer Gemeinde arbeiten eng zusammen, unterstützen sich gegenseitig. Deshalb können wir auch solch ehrgeizige Projekte in Angriff nehmen.“

Bild: Heiko Stipek, Bürgermeister von Bufleben | © Klaus-Dieter Simmen

>> ZURÜCK