Fraunhofer IDMT:
Seit April dieses Jahres hängen in unmittelbarer Nähe der VELTINS-Arena in einem Testareal der Stadt Gelsenkirchen fünf Lärmsensoren. Die recht unscheinbaren Kästen beinhalten geballte Ilmenauer Forschungskompetenz und könnten schon bald dabei helfen, Verkehrsstaus und Lärmbelastungen rund um die Veranstaltungsfläche zu vermeiden. Die beiden Ilmenauer Forschungseinrichtungen haben Lärmsensoren entwickelt, die nun in einem zweijährigen Testprojekt den Lärmpegel erfassen und Lärmverursacher identifizieren. Ziel ist es, mit der stichprobenartigen Lärmmessung einen Eindruck der Schallpegelausbreitung im 140 Hektar großen Testgebiet zu bekommen und Bereiche mit besonders hoher Lärmbelastung zu identifizieren.
Die Stadt Gelsenkirchen hat das Projekt »Open Innovation Lab« ins Leben gerufen, um auf der Fläche des ARENA PARKS digitale Lösungen für die vernetzte und smarte Stadt von morgen zu testen. Herzstück des Testareals ist die VELTINS-Arena, Heimspielstätte des Bundesligisten FC Schalke 04 und zugleich eine der beeindruckendsten Multifunktionsarenen Europas.
Neben dem Stadion und angrenzenden Trainingsflächen befinden sich auf dem Testgelände weitere Gesundheits- und Sporteinrichtungen, verschiedene gastronomische Einrichtungen und ein großer Kinokomplex. Eingerahmt wird das Areal durch die Autobahnen A2 und A42 und die Hauptverkehrsachse Kurt-Schumacher-Straße mit Straßenbahnanbindung. Kurzum – das Testareal Open Innovation Lab ist ein Ballungszentrum für verschiedene Ausprägungen städtischen Lärms.
Ermittlung der Lautstärke-Hot-Spots
Die Stadt Gelsenkirchen möchte im Testprojekt Lärmmonitoring gemeinsam mit den beiden Ilmenauer Forschungseinrichtungen, dem Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT und dem IMMS Institut für Mikroelektronik – und Mechatronik-Systeme gemeinnützige GmbH (IMMS GmbH), die Lautstärke-Hot-Spots in diesem Stadtbereich ermitteln. Die im ARENA PARK im Rahmen des Testprojekts »trainierte« Software kann so beispielsweise für zukünftige Prognosen zu Lärmbelastungen sowie für die Quartiers- oder Stadtraumentwicklung in Gelsenkirchen, aber auch in anderen Kommunen, eingesetzt werden. Lärmschutzmaßnahmen können gezielter ergriffen und Infrastrukturen und Verkehrsführungen so geplant werden, dass die Lebensqualität der Anwohnerinnen und Anwohner verbessert wird.
Lärmquellen im Bereich der Arena
Mit den Lärmsensoren, die im Bereich des ARENA PARKS installiert wurden, wird die jeweilige aktuelle Belastung des ARENA-Bereichs durch Besucherströme bei Sportereignissen und Events erfasst. Das soll in Zukunft dazu dienen, sicherheitskritische Situationen wie plötzliche Massenpaniken rechtzeitig zu bewerten und so Katastrophen zu vermeiden. Ein wichtiger Aspekt ist außerdem die akustische Belastungsmessung durch Verkehrslärm der umliegenden Zufahrtsstraßen. Anhand von Fahrzeugklassifikation und Verkehrszählung (z. B. LKW, Motorräder, Autos) sowie der Analyse der Verkehrsströme können rechtzeitig Maßnahmen zur Verkehrsleitung ergriffen werden.
Ilmenauer Sensorik- und Akustikexperten arbeiten Hand in Hand
In dem gemeinsamen Projekt ist das Fraunhofer IDMT dafür zuständig, die aufgenommenen Lärmdaten datenschutzkonform aufzubereiten und mittels maschinellen Lernens auszuwerten. Neben den gemessenen Lärmpegeln werden so auch die verantwortlichen Lärmverursacher wie beispielsweise Züge, Autos, Menschen, Baustellen oder Musik automatisch erkannt. Die Ergebnisse werden dann für weitere Planungsschritte digital zur Verfügung gestellt.
Das IMMS ist im Projekt für die Entwicklung der funkvernetzten Sensorsysteme sowie die Datenverarbeitung in Echtzeit zuständig. Dank ihrer energieeffizienten Arbeitsweise verbrauchen die Sensorsysteme nur 8,5 Watt und sind durch die Komponentenauswahl wartungsarm.
Die Stadt Gelsenkirchen wurde durch das Projekt »Stadtlärm« auf das Fraunhofer IDMT und das IMMS aufmerksam. Bereits in diesem Projekt, das von 2016 bis 2018 mit der Stadt Jena durchgeführt wurde, haben Fraunhofer IDMT und IMMS (gemeinsam mit weiteren Partnern) ein System zur Erfassung, Vorhersage und grafischen Darstellung von städtischem Lärm entwickelt.
Ausbau der Zusammenarbeit in Planung
Die Zusammenarbeit zwischen der Stadt Gelsenkirchen, dem Fraunhofer IDMT und dem IMMS soll sogar noch weiter ausgebaut werden, so der Betriebsleiter des kommunalen IT-Dienstleisters gkd-el der Stadt Gelsenkirchen, Manfred vom Sondern: »Wir wollen mit den Lärmsensoren zukünftig auch noch verschiedene Sirenentöne von Krankenwagen, Polizei oder Feuerwehr unterscheiden lassen. Das hilft uns dabei, einen besseren Überblick darüber zu bekommen, ob bzw. wie oft Rettungseinsätze im Bereich des ARENA PARKS stattfinden. Vor allem rund um Großveranstaltungen wie Konzerte oder Fußballspiele unterstützen uns die mithilfe der Lärmsensoren gewonnenen Erkenntnisse sehr dabei, die Einsatzplanung bei Notfällen zu verbessern und verkehrstechnische Maßnahmen zu planen.«
Außerdem soll es durch eine Weiterentwicklung des Sensorsystems zukünftig noch besser möglich sein, auch tieffrequenten Lärm in den angrenzenden Wohngebieten rund um das Testareal zu messen, wie er beispielsweise durch Bässe bei Musikveranstaltungen verursacht wird.
Bild: Das Entwicklerteam hinter den Lärmsensoren für die Stadt Gelsenkirchen (v. l.): Saichand Gourishetti (Fraunhofer IDMT), Dr. Tino Hutschenreuther (IMMS), Dr. Jakob Abeßer (Fraunhofer IDMT). | © Fraunhofer IDMT