Regionalmanagement Thüringer Bogen:
Gleich mehrfach wurden die vielfältigen Möglichkeiten des Schweizer Taschenmessers bemüht, um deutlich zu machen, für welch ein Projekt am Mittwoch am Erfurter Kreuz der Startschuss fiel. Und reihenweise schwelgten die Redner in Superlativen. Und das zu Recht. Denn die Partnerschaft zwischen dem Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) und thyssenkrupp nucera, die an diesem 13. März besiegelt wurde, ist ein großer Schritt in Richtung nachhaltiges Energiesystem.
Dr. Werner Ponikwar von thyssenkrupp nucera machte folgende Rechnung auf: Gegenwärtig werden jährlich 100 000 Tonnen grüner Wasserstoff produziert. Diese Menge muss um das 3000-fache bis 2050 erhöht werden, nämlich auf 300 Millionen Tonnen im Jahr, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. Das ist längst nicht mehr utopisch. Und es zeige, so Ponikwar, dass aus dem leichtesten Element der Erde ein absolutes Schwergewicht für die Energiewende geworden ist.
Die Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut am Standort Erfurter Kreuz haben die Hochtemperatur-Elektrolyse entwickelt. Dabei setzen sie auf elektrolytgetragene Zellen, auf Materialien und ein Design, welche eine hohe Effizienz, Langzeitstabilität, Robustheit und kostengünstige Massenfertigung garantieren. Das ist genau das, was thyssenkrupp nucera, ein weltweit führender Anbieter von Elektrolyse-Technologien für die Herstellung von grünem Wasserstoff, zur Erweiterung seines Portfolios braucht. Und für das Fraunhofer-Institut IKTS ist die Partnerschaft der Schritt hin zum industriellen Einsatz ihres Systems. Wohl wissend, dass die Energiewende nur dann glückt, wenn grüner Wasserstoff überall verfügbar, wettbewerbsfähig und ein verlässlicher Energieträger ist, wollen die Partner diese vielversprechende Wasserstofftechnologie vorantreiben.
Dass dies gelingt, davon ist Professor Alexander Michaelis, der Leiter des Fraunhofer-Institut IKTS am Standort überzeugt. „Wir haben für unsere tolle Technologie den besten Partner, um diese zur Industrialisierung zu bringen!“ Und an die Vertreter der Thüringer Politik gewandt macht er deutlich, dass sein Institut nun nach den vielen Fördermitteln eine Zukunftstechnologie liefere. Die an seinem Institut entwickelte Hochtemperatur-Elektrolyse verbraucht wesentlich weniger Strom als andere Verfahren. Unterm Strich sind es über 30 Prozent Ersparnis für die Gewinnung der gleichen Menge grüner Wasserstoff, so Michaelis. Ein weiterer Vorteil dieser Elektrolyseart: Sie kann CO2 zu CO reduzieren, woraus Synthesegas gewonnen werden kann, das wiederum für die E-Fuels-Herstellung verwendet wird.
Bis zum ersten Quartal 2025 soll die Pilotanlage in Arnstadt arbeitsfähig sein, das ist im Partnerschaftsvertrag festgeschrieben. Die Leistung soll mehrere einhundert Megawatt betragen. Entstehen soll sie in Blickweite des Fraunhofer-Institutes am Erfurter Kreuz. Die Anlage zur industriellen Produktion der Module für die Hochtemperatur-Elektrolyse soll in naher Zukunft ebenfalls am Ort entstehen. Damit ist Thüringen ein wichtiger Standort für das Gelingen der Energiewende.
Darüber freut sich Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke). Für ihn ist dieses neue Elektrolyseverfahren ein Beispiel, in dem Lösungen angeboten und nicht Probleme in den Mittelpunkt gestellt werden. Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) unterstreicht das. „Wir reden viel zu oft über Verbote und viel zu wenig über das, was möglich ist.“ Dazu gehört aus seiner Sicht auch, dass Thüringen der Standort ist, wenn im Gigawatt-Bereich Module für die Hochtemperatur-Elektrolyse gefertigt werden. Davon kann auch der Mittelstand in der Region profitieren, ist der Minister sicher.
Bild: Professor Alexander Michaelis (l.) und Dr. Werner Ponikwar unterzeichnen gut gelaunt den Partnerschaftsvertrag, der die Überführung der Hochtemperatur-Elektrolyse in die industrielle Fertigung festschreibt. | © Klaus-Dieter Simmen