Regionalmanagement Thüringer Bogen:

Dass die Hohen Herren schon früh im Mittelalter ihren Bauern die Möglichkeit einräumten, sich im Wald mit Bau- und Brennholz zu versorgen, ist allgemein bekannt. Und macht Sinn. Wer Abgaben leisten musste, sollte natürlich dazu in die Lage versetzt sein. Sogenannte Freiwälder gibt es in Deutschland allerorten. Wenn jedoch gleich sieben Dörfern ein gemeinsames Waldstück zur Verfügung gestellt wird, ist das schon selten. „Wenn nicht gar einmalig“, sagt Uwe Cölln. Er jedenfalls habe nirgendwo auch nur den kleinsten Hinweis gefunden, dass es so etwas nochmal gibt. Warum ausgerechnet Siebleben, Cobstädt, Grabsleben, Pferdingsleben, Tröchtelborn, Tüttleben und Uelleben von den Ludowingern gemeinsam mit einer Flur im Thüringer Wald bedacht wurden, kann nur vermutet werden.

„Wir gehen davon aus, dass die sieben Ortschaften einen gemeinsamen Kirchsprengel bildeten, mit Siebleben als Zentrum“, sagt Cölln. Er ist Mitautor eines Buches, das sich mit dem Freiwald der sieben Dörfer beschäftigt. Weitere Verfasser sind Wilfried Kühnel und Rainer Klein. Letzterer stammt aus Finsterbergen und widmet sich dem Thema schon längere Zeit. „Während wir eher blauäugig an die Sache ran gingen, hat sich Rainer bereits intensiv mit Grenzsteinen beschäftigt.“ Beim Verfassen der Siebleber Chronik stieß der Autor immer wieder auf den Freiwald. „Im Dezember 1246 gibt es die erste Erwähnung, dass nämlich König Heinrich den Freiwald restituierte, was so viel wie wiederherstellen bedeutet. Das wird erwähnt, eine Urkunde gibt es nicht. Die finden wir dann aus dem März des folgenden Jahres, wo Beatrix von Brabant, Witwe Heinrich Raspes, den Freiwald bestätigt und die Rechte der jeweiligen Dörfer anerkennt. Daraus können wir schließen, den Freiwald gab es schon früher.“

Je mehr Uwe Cölln und Fotograf Wilfried Kühnel sich mit diesem Thema beschäftigten, umso interessanter gestaltete sich das Thema. Den Umfang des Freiwaldes markieren Grenzsteine, auf deren Suche sich das Trio machte. Laut Aktenlage sind es 24 an der Zahl, 20 davon wurden wiederentdeckt. Der Freiwald erstreckt sich zwischen Finsterbergen, Possenröder Kreuz, Ebertwiese, Neuem Haus, Paulfeld und Georgenthal. Die Grenzen folgen oftmals Bachläufen, wie Spitter und Leina, wie die Steine dokumentieren. Manche seien rasch zu entdecken gewesen, andere erst nach längerem Suchen und einige wenige gar nicht mehr, sagt Cölln. Er und seine Mitstreiter haben jeden der noch vorhandenen Grenzsteine per GPS ausgemessen und die Daten in ihrem Buch in einer Liste zusammengefasst. „So können sie jederzeit präzise lokalisiert werden.“

„Was die Steine uns mitteilten, erschloss sich nicht in jedem Falle sofort“, sagt Winfried Kühnel. Die Aufschrift auf jedem Stein „Gerecht. d. 7 freiwald. Ortsch.“ (Gerechtigkeit der 7 freiwaldlichen Ortschaften) war klar, Kopfzerbrechen bereitete hingegen eine Zahl, der ein R. oder auch Rth. folgte. Das Rätsel konnte schließlich gelöst werden, denn dahinter verbirgt sich ein historisches Längenmaß, die Waldrute. Dabei entspricht eine Rute 16 Fuß und damit 4,6019 Meter. Damit war die Entfernung zum nächsten Grenzstein angegeben. „Und die stimmte exakt!“ Die Autoren haben mit moderner Technik nachgemessen. Rainer Klein fand heraus, dass damals zum Messen Ketten benutzt wurden.

Die drei Herren haben die aufgefundenen Steine gesäubert und wieder so sichtbar gemacht, dass Interessenten keine Mühe haben, sie zu finden. „Das wäre ein schöner Wanderweg mit historischem Bezug“, findet Uwe Cölln. Er ist etwa 22 Kilometer lang, wenn ihn jemand an einem Stück laufen möchte. Allerdings müsste er ausgeschildert werden und bräuchte an markanten Stellen Hinweistafeln, die über den Freiwald und seine Geschichte informieren. „Leider haben wir dafür noch niemanden begeistern können“, bedauern die Autoren. Auf jeden Fall wollen sie die vier fehlenden Grenzsteine durch Nachbildungen ersetzen. Und vielleicht findet sich ja jemand, der ihre Idee mit dem ganz speziellen Wanderweg aufgreift. In Uwe Cölln, Winfried Kühnel und Rainer Klein hätte er schon mal drei tatkräftige Mitstreiter.

„Der Freiwald der 7 Ortschaften“ ist überall im Buchhandel erhältlich und vermittelt Geschichtswissen, das über die Freiwald-Geschichte hinaus geht.

Bild: Freiwald | © W. Kühnel

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