Regionalmanagement Thüringer Bogen:
Seit 30 Jahren unterstützen Menschen aus Gotha Menschen in der Ukraine. Sie haben Hilfssendungen organisiert und sie sind vor Ort aktiv geworden, um Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Jetzt wurde in der Residenzstadt das Jubiläum gefeiert. Natürlich mit Freunden aus der Region Tscherkassy, wo sich die Aktionen der Gothaer Ukrainefreunde, wie sich der Verein nennt, konzentrieren. Es gab schöne und bewegende Begegnungen, wie Vereinsvorsitzender Dietrich Wohlfahrt erzählt. Trotz des Schattens, den der Eroberungskrieg der russischen Regierung auch über diese Veranstaltung legte.
Beim Blick auf das Jubiläum geht Wohlfarth weit zurück, bis ins Jahr 1979. Da war der junge Mann mit zwei Freunden das erste Mal in dem Land unterwegs, das damals der Sowjetunion einverleibt war. Und das Trio hatte Schmuggelware im Gepäck: Bibeln in russischer und ukrainischer Sprache. „Auf dieser Tour lernte ich einen Mann kennen, mit dem mich später eine tiefe Freundschaft verband. Als junger Mann hatte er im Zweiten Weltkrieg in der Roten Armee gekämpft, war in Ungnade gefallen und landete im Gulag. Später gelang es ihm doch zu studieren. Er schrieb seine Doktorarbeit.“ Doch dann wurde bekannt, dass er ein Christ war. Und er musste sich entscheiden: Doktorarbeit und damit Karriere oder Kirche. „Und er entschied sich für Gott“, sagt Dietrich Wohlfarth.
Den Freunden war es nicht vergönnt, sich in jenen Jahren zu besuchen. Es gab keine Erlaubnis. Deshalb verweigerte der Ukrainefreund auch die Mitgliedschaft in der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft. „Die Bestand nur auf dem Papier, Begegnungen wurden organisiert und hatten keinen Nachhall.“
Durch seine Kontakte wusste der Gothaer, wie angespannt Anfang der 90er Jahre die Situation in der Ukraine war. Erste Aktivisten gründeten in Gotha die „Ökumenische Aktion Hilfe für die Ukraine“, sammelten ein, was im Land knapp war, Lebensmittel, Hygieneartikel und vieles andere mehr und machten sich mit Kleintransportern auf den 1900 Kilometer langen Weg in die Region Tscherkassy. Das war 1993. Elf Jahre und viele Hilfsaktionen später gründeten diese Menschen den Verein Ukrainefreunde. Seit dem ersten Tag war festgeschrieben: Die Vereinsmitglieder verstehen ihr Engagement aus gelebter christlicher und humanitärer Verantwortung. Daran habe sich zu keinem Zeitpunkt etwas geändert, unterstreicht der Vereinsvorsitzende. Viele Jahre rollten die nun mittlerweile auf Lastwagen verstauten Hilfssendungen in Richtung Tscherkassy.
„Später haben wir unser Konzept erweitert“, sagt Wohlfahrt und erzählt vom Christlichen Kinderhaus in Dumantsi. Das entstand mit Hilfe der Gothaer Freunde. Ebenso wie das Soziale Zentrum für Menschen mit Behinderungen in Tscherkassy. Betrieben werden beide vom Verein „Du bist nicht allein in der Welt“. Dessen Leiter Ihor Shlonchak setzt die gemeinsam vereinbarten Ziele und Hilfen um. Er sorgt auch dafür, dass die Sachspenden aus Gotha verteilt werden – an Menschen in den Frontgebieten, an Flüchtlinge und an sozial benachteiligte Menschen. Mit Ausbruch des Krieges machte es sich notwendig, dass die Hilfstransporte in die Ukraine wieder verstärkt wurden. Bald schon werden die Ukrainefreunde wieder zu Spenden aufrufen. „Dabei bitten wir dringlichst, von Kleiderspenden abzusehen. Viel dringender werden Hygieneartikel gebraucht.“ Für Wohlfarth ist der beste Weg, dem Verein mit Geldspenden unter die Arme zu greifen. „Damit kann gekauft werden, was unbedingt benötigt wird.“
Begleitet wurde das 30-jährige Jubiläum mit einem Kunstprojekt im Orangenhaus in der Orangerie. Dort waren nicht nur Bilder des ukrainischen Künstlers Andrei Kulagin zu sehen, man konnte den Künstler auch bei der Arbeit erleben. Auf Wunsch portraitierte er die Besucher seiner Ausstellungen. Kulagin ist in seiner Heimat bekannt: Er portraitierte Papst Johannes Paul II. Sein Bild ist das offizielle Porträt des Papstes und wird in der Vatikanischen Bibliothek aufbewahrt.
Bild: Andrei Kolagin porträtiert im Orangenhaus eine Frau. | © Klaus-Dieter Simmen