Regionalmanagement Thüringer Bogen:
Nein, sagt Katharina Cherubim, zufrieden könne sie nicht sein. Zu oft müssten sich immer noch Radfahrer auf der Straße fortbewegen, um ans Ziel zu gelangen. „Das sind dann die Radweg-Abschnitte, auf denen wir zusätzlich Schilder anbringen, die vor gefährlichem Straßenverkehr warnen“, sagt sie. Für diesen Mischverkehr seien die erlaubten 100 Kilometer pro Stunde zu viel, denn nicht wenige Autolenker sind deutlich schneller unterwegs. Für die Fachfrau müssten solche Strecken mit 70 Stundenkilometer ausgewiesen sein, mindestens. Seit zehn Jahren ist Katharina Cherubim im Landratsamt des Ilm-Kreises als Sachbearbeiterin für den Radverkehr tätig. Ein Jahrzehnt, in dem in der Region Vieles erreicht wurde. Das sei auch für sie unstrittig, unterstreicht sie. Doch dürfe das nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Ilm-Kreis von einer Verkehrswende um einiges entfernt ist.
Was nicht heißen soll, der Radverkehr wird im Landratsamt stiefmütterlich behandelt, im Gegenteil. Lange Zeit war der Ilm-Kreis der einzige Landkreis in Thüringen, der sich eine solche Stelle überhaupt leistet. Später erst hat die Stadt Erfurt nachgezogen. Katharina Cherubim hat Architektur studiert, in ihrem Beruf gearbeitet, ehe sie diese Aufgabe im Landratsamt übernahm. Selbst wenn’s für manchen nicht auf Anhieb klar ist, ihr Studium ist in diesem Amt von großem Wert. Architekten, sagt sie, seien immer schon Generalisten. „Und genau das muss ich in meinem Job vor allen Dingen sein!“ Egal ob bei der Schulsanierung, beim Gebäudemanagement oder beim Straßenbau – Radverkehr muss mitgedacht werden.
Grundlage für ihre Arbeit ist das Radverkehrsnetz des Landkreises, das der Kreistag 2016 beschlossen hat. Da ist die Entwicklung des Alltagsradverkehrs ebenso festgeschrieben wie der Ausbau touristischer Routen. „Grundlage für die Konzeption ist eine breite Beteiligung von Bürgern und Kommunen“, sagt Cherubim. „134 Bürger äußerten sich dazu, 16 Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften und 30 Träger öffentlicher Belange brachten sich ein. Und sechsmal trafen wir uns in Regionalberatungen, um über die Vorschläge und Stellungnahmen zu beraten.“ Diese breite Basis freut sie, weniger entspannt sieht sie allerdings das Fehlen eines Maßnahmekatalogs.
In diesem Jahr konnte im Ilm-Kreis das prestigeträchtige Projekt Waldrandroute abgeschlossen werden. Im August vergangenen Jahres weihten die Verantwortlichen im Moortal zwischen Ilmenau-Roda und Elgersburg den letzten der elf Bauabschnitte ein. Seitdem können Radtouristen von Saalfeld bis Eisenach durchgehend Thüringen entdecken. Nun ist auf den 32 Kilometern auch die Ausstattung und Wegweisung fertiggestellt. Radfahrer finden auf dieser Strecke im Ilmkreis sechs überdachte Sitzgruppen. „Gut, die Arbeiten sind abgeschlossen“, sagt Katharina Cherubim. „Trotzdem wird uns die Waldrandroute mindestens in den nächsten vier, fünf Jahren noch beschäftigen.“ Denn jetzt gehe es um die Vermarktung. Und das bedeutet sichtbar zu machen, welches Potential die Tour rings um den Thüringer Wald hat. „Das schließt die Entdeckung geschichtsträchtiger Orte ebenso ein wie das im besten Wortsinne Erfahren der vielfältigen Natur.“
Der Ilm-Kreis hat mit neun Themenrouten, die mindestens teilweise im Kreisgebiet verlaufen, attraktive Angebote für Freizeitradler, wie die Bach-Rad-Erlebnisroute, den Radring Erfurt oder den Gera-Radweg. Die größte Anziehungskraft auch ins Ausland dürfte der Ilmtal-Radweg haben, ist sich die Fachfrau gewiss. Selbst wenn er wegen seiner Kürze meist nur für Wochenendtouren genutzt wird, bietet dieser Radweg besonders für Familien einen hohen Erlebniswert. Nicht ohne Grund wurde der Ilmtal-Radweg wiederholt als ADFC-Qualitätsroute mit 4 Sternen ausgezeichnet.
Künftig orientieren sich im Ilm-Kreis Radfahrer nach Zahlen. Diese Form der Ausschilderung hat bereits ihren Anfang genommen und soll im nächsten Jahr fertiggestellt und nutzbar werden. Diese Form, an Knotenpunkten nach Ziffern zu fahren, hat sich andernorts längst bewährt. In Holland und Nordrhein-Westfalen orientieren sich die Radtouristen längst nach diesem System. „Es ist einfach, man merkt sich die entsprechende Zahl und folgt der Beschilderung. Es ist auch möglich, die verschiedenen Routen miteinander zu kombinieren“, erzählt Katharina Cherubim. Im Ilm-Kreis sind es 660 Kilometer Radweg, die gegenwärtig dergestalt beschildert werden. Die Wegweisung für die Radtouristen steht künftig an 1330 Standorten. Das sind Zahlen, die durchaus beeindrucken. Und für den Ilm-Kreis ist selbstverständlich: Schulradeln und Stadtradeln wird auch nächstes Jahr wieder stattfinden.
Bild: Katharina Cherubim, Radbeauftragte des Ilm-Kreises | © Klaus-Dieter Simmen