Stiftung Schloss Friedenstein Gotha:

Ein Skelett in einem fossilen Grabgang, sehr gut erhaltene, große Tausendfüßer oder Schwimmspuren von Ursauriern. Dass der Bromacker weltweit einzigartig ist, hat die Fundstelle im Herzen des UNESCO Global Geoparks Thüringen Inselsberg – Drei Gleichen auch bei der diesjährigen Sommergrabung bewiesen. Die Fundstelle hat dem internationalen Team des BROMACKER-Projekts wieder einen tiefen Einblick in das Ökosystem vor 290 Millionen Jahren gewährt.

Von der Hitze ungebremst haben über 40 Wissenschaftler*innen und Studierende vier Wochen lang täglich den rötlichen Stein Schicht für Schicht abgetragen. Wenn die Grabung am Freitag, 19. August 2022, endet, sind die Forscher*innen um wichtige Puzzlestücke reicher, die das Bild über Flora und Fauna im Unteren Perm am Bromacker vervollständigen. Insgesamt etwa 60 Kubikmeter haben sie bewegt und dabei mehr Funde als im letzten Jahr aus den Gesteinsschichten geholt. Diese geben dem interdisziplinären Forschungsprojekt neuen Schub und den BROMACKER-Projektpartnern jede Menge Material für ihre wissenschaftlichen Untersuchungen.

Beteiligt an dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Vorhaben sind Forschende und Mitarbeitende vom Berliner Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung (MfN), der Friedrich-Schiller-Universität Jena, des UNESCO Global Geoparks Thüringen Inselsberg – Drei Gleichen und der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha.

Ergänzt wurde die diesjährige Grabung von einer Forschungsbohrung am nahe gelegenen Hainfelsen. Pro Tag wurden hier etwa acht Meter Bohrkern gewonnen, insgesamt ist der Bohrmeißel bisher in eine Tiefe von etwa 150 Metern vorgedrungen. Mithilfe der Bohrung möchten die Geolog*innen Einblicke in die Ablagerungsverhältnisse des Tambach-Beckens erhalten und mit geochemischen und bildgebenden Methoden Informationen zu Klima und Geologie der Region gewinnen. Sie können anhand der Bohrkerne beispielsweise die damalige Temperatur und Niederschläge, aber auch biologische Aktivität, die Höhenlage oder die relativen Mengen atmosphärischer Gase bestimmen. Da das Bohrungsteam gut vorankommt, endet die Bohrung gegen Mitte September.

Mit der Grabung und der Tiefbohrung beginnt die Forschung erst: Funde müssen aufbereitet und analysiert werden. Im BROMACKER-Projekt nähern sich Wissenschaftler*innen den Ursauriern und ihrer Umwelt mit fünf verschiedenen Forschungsschwerpunkten: Die Fachgebiete „Biodiversität“, „Paläoökologie“, „Biomechanik“, „Physiologie“ sowie „Geologie und Klima“. Die Forscher*innen bedienen sich verschiedenster moderner Methoden – vom CT-Scan und der Rasterelektronenmikroskopie über Fotogrammetrie bis hin zur 3D-Modellierung.

Nicht nur die Fachcommunity gewann in den vergangenen Wochen eine genauere Vorstellung davon, wie Klima und Geologie vor 290 Millionen Jahren in der Tambach-Formation ausgesehen haben könnten. Auch Fachfremde, Hobby-Paläontolog*innen, Schüler*innen oder Tourist*innen konnten sich von Ursauriern und Co. ein genaueres Bild machen.

Aktionstage für Familien, öffentliche Führungen und die direkte Vermittlung von Inhalten an der Grabungsstelle haben dies möglich gemacht. Insgesamt haben über 1.600 Menschen den Bromacker im zweiten Jahr der Grabung besucht. So konnten alle Interessierten den Forschenden über die Schulter schauen – virtuell oder direkt vor Ort. Denn: Der Bromacker ist für alle da. Wissenschaftskommunikation begleitet das BROMACKER-Projekt auf allen Ebenen und transportiert die Faszination des Themas und die Begeisterung der Forschenden mittels modernster und experimenteller Wissenstransfer-Formate.

Bild: Geologin Anna Pint betrachtet einen Fund auf der Grabung. | © SSFG/Alice End

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