Regionalmanagement Thüringer Bogen:
Zu einem ersten Unternehmensdinner hatte der Waltershäuser Friseurmeister und Hobbykoch Dennis Börner am letzten Augustsonntag 2024 eingeladen. Im Güterschuppen am Womo-Bahnhof in Friedrichroda fand die Veranstaltung einen angemessenen Rahmen, auch weil er für unternehmerischen Mut und Zusammenwirken mit der Kommune steht.
Die Menüfolge ist ausgeklügelt, die einzelnen Speisen fügen sich am Ende zu einem harmonischen Ganzen. Bei den Gesprächsrunden zwischen den Gängen, und das liegt in der Natur der Sache, war das nicht zu erwarten. Zu viel brannte den Gästen auf der Seele. Doch schon nach dem Amuse-Gueule zeigte sich, dass die Mischung aus kulinarischen Überraschungen und lokalpolitischem Talk funktionieren würde. Das lag einmal an den Kochkünsten von Dennis Börner, zum anderen an Waltershausens Bürgermeister Leon Graupner, parteilos und frisch ins Amt gewählt, Friedrichrodas Beigeordnetem Hans-Georg Creutzburg (CDU) und an David Ortmann (SPD), gestandener Bürgermeister von Bad Tabarz.
Ihnen oblag es, Antworten zu finden auf die vielen Fragen, die den Unternehmern aus Handwerk und Gewerbe, aus Gastronomie und Dienstleistung auf den Nägeln brennen. So verstehen sie nicht, warum eine Belebung der Waltershäuser Innenstadt mit Parkzeitbeschränkungen von lediglich einer Stunde torpediert wird. Das bedeutet, sich beim Einkaufen zu sputen, ein anschließender Besuch im Kaffeehaus verbietet sich. Bürgermeister Graupner erkennt das Argument an, verweist jedoch darauf, dass zu lang gewählte Parkdauer dem Anwohnerparken abträglich ist. Hier gelte es einen Kompromiss zu finden.
Mit welch bürokratischen Hürden auch Verwaltungen zu kämpfen haben, zeigt Graupner am Beispiel des Schlosscafés am Tenneberg auf, das zum Jahresende schließt. Entscheidungsträger für den Weiterbetrieb seien hier gleich zwei Dienststellen im Landratsamt, nämlich das Gewerbeamt und die Untere Denkmalbehörde.
Während die eine festlegt, dass der Fußboden erneuert werden müsse, um den Hygienevorschriften zu genügen, verbietet die andre jegliche Veränderungen an eben diesem Boden.
Doch bei alldem haben die Städte und Gemeinden genügend Spielraum, mit eigenen Ideen die Entwicklung voranzutreiben. Bürgermeister Ortmann hat etliche Beispiele parat. Beispiele, die andere Kommunen einfach übernehmen können. So hat Bad Tabarz einen Ferienpass auf den Weg gebracht. Damit ermöglicht es Kindern und Jugendlichen bezahlbare Teilhabe – ob im Tabbs oder in der Bibliothek. Eisenach und auch Gotha haben ihren Gutschein, warum nicht auch wir? fragten sich die Bad Tabarzer. Für Ortmann ist es mehr als legitim, gute Ideen abzukupfern. Der Erfolg hat ihm recht gegeben. Das eigene „Geld“ des Kurortes spülte bereits 200.000 Euro in die Kassen der örtlichen Händler und Gewerbetreibenden. Die Gutscheine tragen die Konterfeis verdienter Tabarzer.
Friedrichroda hingegen setzt auf Märkte. Neu hinzugekommen, so Creutzburg, sei der Grüne Markt. Und dieser wurde sofort von den Bürgern angenommen.
Ende August, also am 31., gibt es in unserer Stadt zum ersten Male das Marktfrühstück.
Hier wird adäquat dem Unternehmensdinner zusammen gegessen und zusammen geredet. Bürgermeister Ortmann dazu:
Ich erfahre immer wieder einen gewissen Neid auf Friedrichroda. Warum nicht auch bei uns solche Märkte? Dann mache ich den Menschen klar, dass sie doch bloß nach Friedrichroda fahren müssen, um davon zu profitieren.
Für ihn ist entscheidend, dass die Kommunen ihre Stärken ausbauen müssen und sich nicht gegenseitig Konkurrenz machen. Wie wichtig es ist, über den Tellerrand hinauszuschauen, wird an diesem Abend deutlich.
Im normalen Leben zeigt sich insbesondere in den Ortsteilen, wie weit die Realität von Gemeinsamkeit entfernt ist. So können Kinder die Ferienspiele im Nachbardorf nicht nutzen, weil die Orte immer noch nicht durch Radwege miteinander verbunden sind oder der Bus zu ungünstigen Zeiten verkehrt. Der Ortsteilbürgermeister von Schnepfenthal, Matthias Hühn, regt an, zumindest in der Ferienzeit zwischen den Ortsteilen und Waltershausen ein geeignetes Fahrzeug verkehren zu lassen, das den Kindern ermöglicht, die vielen Angebote zur Freizeitgestaltung zu nutzen. Und Erwachsene trifft das Problem bei Abendveranstaltungen außerhalb ihres Wohnortes.
Das erste Unternehmerdinner ist ein Erfolg. Friseurmeister Börner zeigte mit vielen regionalen Helfern seine TV-erprobte Kochkunst, was ihm reichlich Beifall einbrachte. Die Gespräche orientierten sich an der Praxis, selbst wenn nicht jede Idee rasche Umsetzung erfahren wird. Und Falk und Manuela Ortlepp vom Womo-Bahnhof erwiesen sich als gute Gastgeber und perfekte Cocktailmischer. Eine Wiederholung ist fest ins Auge gefasst.
Bild: Bürgermeister-Talk beim Unternehmensdinner | © Klaus-Dieter Simmen