TU Ilmenau:

In einem Verbundvorhaben mit zwei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ist es Forschenden am Fachgebiet Elektroniktechnologie der TU Ilmenau gelungen, ein Sensorelement auf Basis von Niedertemperaturkeramiken, so genannter LTCCs, zu entwickeln, mit dem der Taupunkt säurehaltiger Gase aus Abgasanlagen in Echtzeit bestimmt und kontrolliert werden kann. So kann die Abgastemperatur industrieller fossiler Brennanlagen niedrig gehalten und der CO2-Ausstoß reduziert werden, ohne dass Säure im Abgasstrang kondensiert und den Schornstein zerstört.

Das Verbrennen fossiler Energieträger wie Kohle, Erdöl oder Erdgas in industriellen Anlagen setzt große Mengen säurehaltiger Gase mit Schwefel oder Kohlendioxid (CO2) frei. Je höher die Abgastemperatur ist, desto größer ist der Ausstoß des klimaschädlichen CO2. Ziel der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Projekt KerTauSens war es deshalb, einen Sensor zu entwickeln, mit dessen Hilfe die Taupunkttemperatur von Abgasanlagen in-situ, also im Abgasstrang bestimmt und in Echtzeit überwacht werden kann, um so die Abgastemperatur niedrig halten zu können, ohne dass das Gas kondensiert. Denn wird bei der Absenkung der Temperatur ein bestimmter Wert – der sogenannte Taupunkt – unterschritten, schlägt sich das Gas als Kondensat im Inneren des Schornsteins nieder. Die in den Kondensat-Ablagerungen enthaltenen Säuren können den Schornstein von innen zersetzen und zerstören.

Eine der Herausforderungen bei der Entwicklung des Taupunktsensors waren die extrem hohen Temperaturen von bis zu 250 Grad in den fossilen Abgasanlagen. Das für den Sensor verwendete Material musste also hitzebeständig sein. Darüber hinaus sahen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weiteren Herausforderungen gegenüber:

Dazu gehörte zum Beispiel die Notwendigkeit, den Sensor dauerhaft in Betrieb zu halten, aber auch eine säurefeste Sensoroberfläche für die Messung des elektrischen Widerstands und die geringe Wärmekapazität im Sensorbereich für eine effiziente Kühlung,

erklärt Prof. Jens Müller, Leiter des Fachgebiets Elektroniktechnologie, der das Projekt seitens der TU Ilmenau leitete.

Aufgrund dieser Einsatzbedingungen bot sich ein keramisches System auf Basis von Niedertemperaturkeramik an.

Einsatz des Sensors auch unter rauen Bedingungen möglich

Im Vergleich zu traditionellen Leiterplattenmaterialien in elektronischen Schaltungen können Niedertemperaturkeramiken, so genannte Low Temperature Cofired Ceramics (LTCC) – niedrigsinternde Mehrlagen-Keramiken – auch unter rauen Einsatzbedingungen zum Einsatz kommen, beispielsweise bei Kontakt mit aggressiven Materialien, starken mechanischen Beanspruchungen oder hohen Temperaturen. Indem die Forschenden zudem die Anzahl der Lagen der Keramiken in der Schaltung reduzierten, konnten sie eine lokal geringere Wärmekapazität des Sensors erreichen, so dass sich der Sensor schnell aufheizen und abkühlen kann und eine Messung in kürzeren Abständen möglich macht.

Der Schwerpunkt der Entwicklungsarbeiten lag auf der Optimierung des Signalhubs für den Fall, dass der Taupunkt erreicht wird, sowie auf der Säurefestigkeit des Sensors. Zu Beginn des Projekts stand nicht fest, ob ein resistives oder kapazitives Messprinzip verwendet werden sollte. Bei der Messung auf resistiver Basis sind die metallischen Elektroden in direktem Kontakt mit dem säurehaltigen Gas, während bei der Kapazitätsmessung eine Abdeckschicht zwischen Elektrodenstruktur und Betauungsschicht liegt. In beiden Fällen kommen so genannte Interdigitalelektroden zum Einsatz, die aus einem Paar kammförmiger, ineinander verzahnter fingerartiger Elektroden bestehen. In einem Säurefestigkeitstest überprüften die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über einen Zeitraum von dreißig Tagen Proben zweier kommerzieller Niedertemperaturkeramiken mit verschiedenen siebgedruckten Edelmetallelektroden in Lösungen mit unterschiedlichen Konzentrationen von Salpeter- und Schwefelsäure. Bei allen Materialkombinationen gab es Farbänderungen in der Keramik, und die Strukturen lösten sich von der LTCC (Verlust der Haftfestigkeit). Die metallischen Strukturen selbst blieben intakt. Daher entschied sich das Forschungsteam für das kapazitive Messprinzip mit einer Abdeckschicht zwischen Elektrodenstruktur und Betauungsschicht. In einem weiteren Säurefestigkeitstest identifizierten die Wissenschaftler aus einer Vielzahl von Abdeckgläsern eine Glasbeschichtung, die unter den Testbedingungen einen stabilen Schutz bot.

Kostengünstiges, industrietaugliches Industriesystem zur Verbesserung der CO2-Bilanz

Mithilfe des so entwickelten Sensors ist es möglich, den Säuretaupunkt zu erfassen und die Abgastemperatur auf eine Temperatur von nur wenigen Kelvin oberhalb der Säure-Taupunkttemperatur abzusenken, so dass keine Gefahr der Kondensation und Schädigung des Schornsteins durch Korrosion besteht:

Mithilfe der Niedertemperaturkeramiken ist es uns gelungen, ein kostengünstiges, industrietaugliches und echtzeitfähiges Messsystem zu entwickeln, mit dem der Säuretaupunkt im Abgasstrom präzise und kontinuierlich bestimmt werden kann,

erklärt Prof. Müller.

Damit kann nicht nur die Anlagensicherheit und Instandhaltung verbessert, sondern auch der Energieträgereinsatz in den industriellen Anlagen optimiert und die klimaschädlichen CO2-Emmissionen reduziert werden.

Die Forschungen im Projekt KerTauSens wurden im Rahmen des BMBF-ZIM-Programms „Zentrales Innovationsprogramm für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)“ gefördert. Für die Auswerteelektronik war die Firma Consens aus Ilmenau und für die Hochtemperatur-Verbindungstechnik die Firma Electronics & Sensors aus Ilmenau verantwortlich.

Kontakt

Prof. Jens Müller, Leiter Fachgebiet Elektroniktechnologie

Tel.: 03677 692606, Mail:

Bild: Die Wissenschaftler entwickelten einen Sensor, mit dessen Hilfe die Taupunkttemperatur von Abgasanlagen in Echtzeit überwacht werden kann. | © Benita Welter/Pixabay

Quelle: UNIonline: CO2-Reduktion: TU Ilmenau entwickelt neuartigen Sensor für Abgasanlagen

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