Regionalmanagement Thüringer Bogen:
Es beginnt mit der ersten Mietzahlung, die ausbleibt, dann folgt die zweite, die dritte. Und am Ende steht die Zwangsräumung. Dazwischen hätte es einige Möglichkeiten gegeben, das Unheil abzuwenden. „Dazu muss der Betreffende jedoch wissen, was zu tun ist“, sagt Tanja Schreyer, „und er muss das auch wollen. Viele Menschen sind in solch einer Situation aber eher wie gelähmt.“ Schreyer ist Geschäftsbereichsleiterin im Diakoniewerk Gotha. Und als solche verantwortlich für das Projekt PONTIS, der Kooperativen Fachstelle Wohnungsnot im Landkreis Gotha. Deren Mitarbeiter sollen dafür sorgen, dass solch eine Abwärtsspirale gar nicht erst in Gang kommt. Dazu holen sie sich die sogenannten Wohnungsgeber ins Boot. „Die Vermieter sind ein gutes Frühwarnsystem. Sie sind oft die Ersten, die von Zahlungsschwierigkeiten ihrer Mieter wissen“, sagt Franziska Scharf, Leiterin der neuen Fachstelle im Landkreis Gotha. Diese ist ein Kooperationsprojekt vom Diakoniewerk Gotha, dem Landratsamt und der Stadtverwaltung Gotha.
Tanja Schreyer ist überzeugt, dass Vermieter keinerlei Interesse an einer Zwangsräumung haben. Deshalb will sich die Fachstelle mit ihnen vernetzen. „Sobald die erste Miete ausbleibt und wir darüber informiert sind, können wir aktiv werden und unsere Hilfe anbieten“, erklärt Scharf. Vorab tätig zu werden, sei die effektivste Form der Wohnraumsicherung und damit der beste Schutz vor Wohnungslosigkeit.
Nun wissen die Mitarbeiter der Fachstelle aber auch, dass der Idealfall im wirklichen Leben nicht die Regel ist. „Mit all jenen, bei denen es schon zu spät und die Wohnung bereits weg ist, wird die Fachstelle gemeinsam nach Lösungen suchen und Netzwerke zur Bewältigung der oft vielschichtigen Problemlagen aufbauen“, verspricht Tanja Schreyer. Das heißt, gemeinsam mit Vermietern will die Fachstelle ein Wohnraummanagement aufbauen, über das Wohnraum für Betroffene bereitgestellt werden kann. Während die Stadtverwaltung mit den Unterkünften für Obdachlose kurzfristige Angebote schafft, will die Fachstelle dauerhaft für eine Problemlösung aktiv werden. Deshalb sitzen die Mitarbeiter auch nicht an ihrem Schreibtisch und warten darauf, von Hilfesuchenden angesprochen zu werden. „Wir gehen auf die Betroffenen zu, wollen mit ihnen in Ämtern, bei Wohnungsgebern und Netzwerkpartnern ins Gespräch kommen“, sagt die Leiterin der Fachstelle.
Deshalb sitzt Franziska Scharf mit ihren Mitstreitern nicht von ungefähr im Mittelhäuser Weg in Gotha. Dort richtet die Stadtverwaltung ihre neuen Notunterkünfte ein. Das ermöglicht niedrigschwellig Kontakt zu den Menschen aufzunehmen, die auf der Straße leben, um Beratung und Hilfe anzubieten. Das und die Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Akteuren soll im Landkreis Gotha rasch Früchte tragen. Die Fachstelle Wohnungsnot wird mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds (EhAP Plus), Bundesmitteln sowie Zuschüssen von Landkreis und Stadtverwaltung finanziert.
Foto: Tanja Schreyer, Geschäftsbereichsleiterin im Diakoniewerk Gotha