Regionalmanagement Thüringer Bogen:
Die Situation ist alles andere als rosig: Die Nachfrage nach Fachkräften ist groß, nicht minder groß ist die Zahl der Arbeitskräfte, deren Renteneintritt unmittelbar bevorsteht. Im Gegensatz nimmt sich die Zahl der jungen Fachkräfte, die auf den Markt kommen, bescheiden aus. In vielen Fällen entspricht die Bildung der Schulabgänger nicht den Anforderungen, die von den Unternehmen gestellt werden. Kann mit wenig flexiblen und bildungshungrigen jungen Menschen überhaupt ein zukunftsfähiger Arbeitsmarkt gestaltet werden?
Uwe Jäger, Leiter des VHS-Bildungswerkes in Gotha ist zuversichtlich. Auch wenn er weiß, dass den Schülerinnen und Schülern die vielen Unterrichtsausfälle den Weg ins Berufsleben nicht einfacher machen. Das bedeutet aber nicht, dass diese Generation dümmer ist als die vorangegangenen. Als Problem hingegen sieht er, dass die jungen Leute vielerlei Reizen und Angeboten ausgesetzt sind, die letztlich zu einer Orientierungslosigkeit führen. Dem versuchen Verantwortliche in Politik und Bildung entgegenzuwirken, indem sie Hilfestellung bei der beruflichen Ausrichtung geben. „Mit Erfolg übrigens“, sagt Jäger, „auch wenn längst noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind.“ In den meisten Schulen wird mittlerweile der Berufsvorbereitung großen Raum eingeräumt. Für den Chef des Bildungswerkes jedoch noch nicht genug. „Wir könnten mehr erreichen, wenn die Schüler der entsprechenden Klassenstufen sich zwei statt einer Woche im Jahr in Betrieben umsehen können.“ Wobei er natürlich weiß, das kostet mehr Geld. Außerdem muss geprüft werden, wie sich das mit dem Bildungsauftrag vereinbaren lässt.
Dem Gedanken, für zusätzliche Berufsorientierung die Ausfallstunden zu nutzen, kann er erst auf dem zweiten Blick etwas abgewinnen. „Wenn man darüber nachdenkt oder eher gesagt, dem Gedanken entlang spinnt, kann es Sinn machen. Ich könnte mir, so auf die Schnelle gedacht, einen Pool vorstellen, in dem die unterschiedlichen Bildungsträger ein Angebot schaffen, das kurzfristig nutzbar ist.“
Der VHS-Bildungsträger ist seit September 1990 in Gotha präsent, zunächst an der Lutherschule mit dem Angebot einer kaufmännischen Ausbildung. Weil in jenen Jahren viele Lehrlinge plötzlich ohne Lehrbetrieb dastanden, weil das Unternehmen abgewickelt wurde, wandte sich der Bildungsdienstleister der beruflichen Erstausbildung zu. Und tut das – mittlerweile in der Gleichenstraße – mit viel Erfolg weiter. Aktuell, so erzählt der Leiter, gibt es 46 Auszubildende im Haus, hinzu kommen jährlich rund 700 Azubis, die hier in unterschiedlichen Lehrgängen Erfahrungen in Bereichen sammeln, die der Ausbildungsbetrieb nicht abdecken kann. Darum kümmern sich pädagogisch und fachlich bestens geschulte Mitarbeiter – als Ausbilder oder Sozialpädagoge. Psychologen sind auch im Team, um Menschen helfen zu können, die alle Unterstützung brauchen, um den Weg durchs Leben allein zu gehen.
Das Spektrum im VHS-Bildungswerk ist beachtlich. Fachkräfte unterrichten in den Fachbereichen Holz und Metall sowie Mechatroniker und Logistiker werden ausgebildet. Dabei verweist Jäger zudem darauf, dass mit Robotik und Informatik oder erneuerbaren Energien auch spezielle Fächer bedient werden, erfolgreich übrigens. Für die Erfolge in Gotha ist, so Uwe Jäger, auch die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Bildungsträgern vor Ort ein Garant. Dazu zählt die Kooperation mit dem Bildungswerk Föbi, der Kfz-Innung, der Technischen Bildungsstätte sowie dem Firmenausbildungsverbund. Der Weg sei gut, sagt Jäger, um den Betrieben Fachkräfte zur Seite zu stehen. Allerdings ist deren Zahl aus demografischen Gründen zu niedrig, um den Bedarf zu decken. „Deshalb muss Deutschland auf gezielte Zuwanderung setzen“, stellt er fest.
Bild: Uwe Jäger, Leiter des Bildungsdienstleisters, im Gespräch mit einem Auszubildenden. | © Klaus-Dieter Simmen