Regionalmanagement Thüringer Bogen:

Der Anspruch ist hoch. In nur 15 Jahren soll die Glasindustrie links und rechts des Rennsteigs dekarbonisiert sein, also die Glasschmelze mit erneuerbaren Energien erfolgen. Das würde allein für Wiegand-Glas am Standort im nordbayrischen Steinbach am Wald einhundert Windräder nötig machen. Und das in einer Region, in der Windkraft bislang so gut wie keine Rolle spielt.

Da sind viele gute Ideen gefragt, von Photovoltaik über Geothermie bis hin zur Möglichkeit, grünen Strom oder Wasserstoff aus anderen Regionen zu beziehen. Dass all dies möglich sein wird, davon ist Nikolaus Wiegand, Geschäftsführer der Firma Wiegand-Glas, die auch einen Standort im Thüringer Bogen in Großbreitenbach hat, felsenfest überzeugt.

Immerhin empfing er am Mittwoch im Stammwerk aus genau diesem Grund Hubert Aiwanger, seines Zeichens Wirtschaftsminister im Freistaat Bayern, und dessen Amtskollegen aus Thüringen, Wolfgang Tiefensee. Beide waren gekommen, um gemeinsam mit Vertretern der Glasindustrie, mit zuständigen Landräten und Tarifvertragsparteien die Mission Dekarbonisierung zu beraten. Und das sei schon nicht mehr mit Blick auf die Theorie geschehen, unterstrich Wiegand, man sei schon ganz praktisch in das Projekt eingestiegen. An diesem Tag wurde nämlich ein runder Tisch ins Leben gerufen, von dem aus der Wandel in die Wege geleitet werden soll. Dass sowohl Bayern als auch Thüringen an diesem Projekt interessiert sind und es unterstützen, macht für Tiefensee Sinn, weil „wir über die aktuelle Krisenbewältigung hinaus eine mittelfristige Transformationsstrategie brauchen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Branche zu sichern.“

Für Hubert Aiwanger ist es wichtig, die Glasindustrie in der Region zu halten. Das sei Anliegen beider Bundesländer. Und dafür müssten Bedingungen vorhanden sein, die gar nicht erst den Gedanken an ein Abwandern der Glasindustrie aufkommen ließe. Er versprach, vor Ort mit Windenergie und mit Solarfeldern den Umbau zu unterstützen. Und sowohl Bayern und auch Thüringen würden sich dafür einsetzen, dass die Dekarbonisierung der Glasindustrie von Berlin und auch von Brüssel aus finanziell unterstützt wird.

Für seinen Amtskollegen aus Thüringen, Wolfgang Tiefensee, ist die Initiative einmalig. „Ich kenne kein Beispiel, in dem über Ländergrenzen hinweg, mit mehreren Landkreisen und über unterschiedliche Kammern hinweg ein solcher Aufbruch gestartet wurde.“ Für ihn ist es wichtig zu zeigen: Solch ein Projekt ist machbar, selbst bei höchstem Energiebedarf könne ein dekarbonisiertes Zeitalter erreicht werden. Denn was in der Glasindustrie am Rennsteig möglich sein soll, kann als Blaupause für andere Industriezweige gelten. Das heißt aber auch, die Bürokratie im Bereich erneuerbarer Energien muss deutlich entschlackt, Verfahren müssen beschleunigt werden. Dafür, so versprachen beide Minister einhellig, wollen sie sich in der Ministerkonferenz in Berlin stark machen.

Bild: Erfolgreiche Gespräche im Frankenwald: Schon in 15 Jahren soll die Glasindustrie am Rennsteig dekarbonisiert sein. Dafür stehen Oliver Wiegand, Hubert Aiwanger, Nikolaus Wiegand und Wolfgang Tiefensee (v.l.n.r.). | © Klaus-Dieter Simmen

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