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Nein, kein Historiker hat je auch nur ein Fitzelchen von einem Dokument gefunden, das die Anwesenheit vom Stülpner Karl im kleinen Kindleben nahe Gotha belegt. Anderseits, er muss dort gewesen sein und im flackernden Kerzenlicht einige seiner Abenteuer zum Besten gegeben haben. Wie sonst könnte Kai von Kindleben, der Thüringer, über wagemutigen Taten des Helden aus dem Erzgebirge berichten, die zuvor noch nicht erzählt wurden.

Zwei Bände widmete der Gothaer Autor, Illustrator und Fotograf dem Volkshelden. Der zweite mit dem Titel „Stülpner Karl gegen Tod und Teufel“ ist jüngst im Sutton-Verlag erschienen. Und wie beim Vorgänger hält der Leser ein durchkomponiertes Fotobuch in den Händen, das die unglaublichen Erlebnisse des erzgebirgischen Volkshelden illustriert.

Warum ausgerechnet sich ein Thüringer auf diese Weise der Figur des Stülpner Karl nähert, kann Kai von Kindleben alias Kunstkai alias Kai Kretzschmar leicht erklären. Er sei, sagt er, damals, das müsse 2016 gewesen sein, mit Eyck Eggener am Inselsberg unterwegs gewesen. Letzterer in einem Rebellenkostüm, für ein Foto. Das Wetter war neblig und eigentlich lud es eher zum Umkehren ein. Das Duo hielt jedoch stur am Plan fest und erlebte am Reitstein eine faustdicke Überraschung: Sie genossen über dem Nebel den Sonnenschein. „Das Motiv war großartig“, erinnert sich der Autor, „der Nebel legte sich und offenbarte im Tal reifbedeckte Bäume, zog wieder auf – ein wunderbares Schauspiel.“ Da war Eggener noch weit davon entfernt, den Stülpner darzustellen. Aber Kai Kretzschmar wusste bereits: Das Foto ist der Anfang von etwas größerem. Das Kostüm gab den Zeitrahmen vor. Der Autor suchte, fand aber keine historische Figur aus Thüringen, die sich Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts für seine Zwecke eignete.

Dann betrat der Stülpner Karl die Szenerie, als Idee sozusagen. Kretzschmar war von Anfang an euphorisiert, reiste ins Erzgebirge, besuchte Originalschauplätze, redete in den Schenken mit Einheimischen, die ihm Geschichten erzählten, von denen sie ganz sicher sind, dass die noch niemals in die Öffentlichkeit gelangt waren. Und er las, was er an Literatur über Stülpner in die Hände bekam, kaufte sich die Serie des DDR-Fernsehens mit Manfred Krug in der Hauptrolle als Wilddieb Stülpner. Dann verfasste der Gothaer Autor seinen Text, den es nun opulent zu bebildern galt.

Bilder: © Kai Kretzschmar

In jenen Jahren, da Kai Kretzschmar beim Barockfest Regie geführt und sich um die Darsteller gekümmert hatte, knüpfte er zu den Menschen, die in die Kostüme jener Epoche schlüpften, Beziehungen, zu manchen entwickelten sich Freundschaften. So zu dem bereits erwähnten Gothaer Eyck Eggener. Dem war es eine Freude, die Rolle des erzgebirgischen Volkshelden zu übernehmen. Andere aus diesem Kreis schlüpften in weitere. Und viele Gothaer tauchten ebenfalls als Zeitgenossen vom Stülpner Karl in diese Welt ein. „Ich habe einfach nach Typen gesucht, die ins Kostüm passen“, sagt der Fotograf.

Und für die mussten nun die entsprechenden Drehorte gefunden werden. Der Begriff ist nicht übertrieben, denn der Autor hat in der Tat ein Drehbuch verfasst, in dem penibel die Szenerie beschrieben ist, die es abzulichten gilt. Dafür wieder und wieder samt gewandeten Gefolge ins Erzgebirge zu fahren, wäre ein teures Unterfangen geworden. Es entstanden Fotos an Originalschauplätzen, viele aber auch im Thüringischen. Im Mardergrund bei Tambach-Dietharz zum Beispiel, an der Teufelskanzel in Gerbershausen und in Bad Langensalza. Aber auch direkt vor der Haustür. Der Ort, wo Kretzschmar die Hochzeit des Stülpner Karl in Szene setzt, liegt gleich hinter der kleinen Siedlung Kindleben. Ort für manches Foto war auch der Mönchspark.

Das Buch ist im Handel zu erwerben. Und das nächste aus der Feder des Gothaer Autors wird in wenigen Wochen dazukommen. Eine neue, nämlich seine Version des „Struwwelpeter“, die er „Menschenskinder“ benannt hat. In Wartestellung ist auch eine weitere Ausgabe bebilderter Thüringer Sagen. Gemälde dazu werden am 5. Dezember in der Stadtbibliothek ausgestellt sein, wenn dort das Buch vorgestellt wird. Ach so, Uwe Müller verwandelte sich beim Gothaer Barockfest in die historische Figur des Herzogs Friedrich III. In Dresden agiert er als August Christoph Graf von Wackerbarth, seines Zeichens Staatsminister im Dienste Augusts des Starken. Der machte Kai mit dieser höchst interessanten Figur bekannt. „Dessen spannende Lebensgeschichte wird nächstes Thema für ein Buch sein“, verspricht der Autor.

Mehr zum Stülpner-Projekt unter https://www.youtube.com/watch?v=XPxwFg0OsKk

Titelbild: Kai Kretzschmar | © Klaus-Dieter Simmen

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