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320 lange Jahre hat es gedauert, ehe für den Dom zu Magdeburg erstmals wieder eine Glocke gegossen wurde. Mit sechs Tonnen ist diese ein Schwergewicht, immerhin das drittgrößte des neuen Geläutes. Sie trägt den Namen Anemus (lass uns lieben). Anfang September, nach monatelanger Vorarbeit, wurde in der Glockengießerei Bachert in Neunkirchen/Baden-Württemberg die flüssige Bronze in die Form gefüllt; das dauerte gerade mal 13 Minuten. Anfang Mai wurde der Glockenkern aufgemauert. Als der durchgetrocknet war, formten die Handwerker die „Falsche Glocke“. Danach kam der Gräfenhainer Künstler Gert Weber an die Reihe. Gemeinsam mit Ehefrau Edda brachte er die Form für die Glockenzier an.
Denn: Die Gestaltung der acht neuen Glocken für den Magdeburger Dom liegt in den Händen des Thüringers. Der Grafiker und Maler aus dem Kreis Gotha gehört zu den vier Künstlern in der Republik, die vom Domglockenverein eingeladen waren, sich an einem Wettbewerb um die Neugestaltung der Glocken für Deutschlands ältestem Dom zu beteiligen. Nach Meinung der Jury hat er am besten die Vorgabe umgesetzt, die über 1000-jährige Geschichte des Domes mit dem Heute zu verbinden. Gleich acht Glocken hat Weber zu gestalten.
Verantwortlich für das Mammutprojekt ist der Magdeburger Domverein. Vor vier Jahren gegründet, hat er sich zum Ziel gesetzt, mit zwölf funktionsfähigen Glocken dem Dom sein vollwertiges Kathedralgeläut zurückzugeben. Es werden sechs kleine Glocken und zwei durchaus respektable in ihre Formen gebracht. Darunter mit der Credamus (lass uns glauben) eine, die zur zweitgrößten Glocke in Deutschland gezählt werden wird. Mit einem Durchmesser von 2,83 Meter und einem Gewicht von 14 Tonnen wird sie nur vom „Dicken Pitter“ im Kölner Dom übertroffen. Die Aufgabenstellung für Magdeburg lautete, die Glockennamen bildkünstlerisch zu spiegeln und dabei wiederkehrend ein Motiv aus dem Dom sichtbar machen. In den Ornamenten der Grabplatte von Friedrich I. von Wettin fand der Künstler einen Weg, der das Entscheidungskomitee überzeugte. „Alle vier Künstler – zwei Frauen, zwei Männer – haben hervorragende Entwürfe eingebracht“, so Johannes Sattler vom Domglockenverein. „Am meisten überzeugt jedoch hat die elf Entscheider die Arbeit von Gert Weber. Das Urteil fiel übrigens einstimmig.“
„Die Idee für die Gestaltung kam mir, als ich mit meiner Frau durch den Chorraum des Magdeburger Doms schlenderte. Wenige Schritte neben dem Grab von Kaiser Otto I. stieß ich auf die Grabplatte von Friedrich I. von Wettin. Und da war es für mich plötzlich glasklar zu sehen: Das üppig mit Reliefs ausgestaltete Werk verknüpfte durch seine zeitlosen Elemente für mich die über eintausendjährige Geschichte des Doms mit unserer Zeit.
Für die Mitglieder des Domvereins Magdeburg und dessen Mitstreiter ist der erste Glockenguss nach mehr als drei Jahrhunderten ein freudiges Ereignis. Entsprechend wird das auch würdig gefeiert. Am Sonntag, 30. Oktober, wird Anemus im Dom begrüßt. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Rainer Haselhoff (CDU), Magdeburgs Oberbürgermeisterin Simone Borris (parteilos) und Landesbischof Friedrich Kramer werden die Feierstunde begleiten. Und natürlich wird auch Gert Weber aus Gräfenhain dabei sein.
Bild: Bald wird die Glocke im Dom zu Magdeburg läuten | © Klaus-Dieter Simmen