Regionalmanagement Thüringer Bogen:

Im Büro von Bad Tabarz‘ Bürgermeister David Ortmann (SPD) steht eine lange Reihe Ordner, angefüllt mit Ideen und Plänen, um das Plateau auf dem Großen Inselsberg touristisch aufzuwerten. „Verwirklicht wurde nichts“, sagt Ortmann, „weil das auch gar nicht möglich war. Der größte Teil des Gipfels befand sich in Privatbesitz.“ Das betrifft das Gebäude des ehemaligen Gasthauses „Stadt Gotha“ samt Grund, was immerhin 7.000 Quadratmeter ausmacht. Wenn man weiß, dass die Gesamtfläche des Plateaus 18.000 Quadratmeter umfasst, ist das schon ein ordentliches Stück. Der wesentliche Rest teilt sich auf die Anliegergemeinden und den Besitzer des Gasthofes „Stör“ auf. Besagte 7.000 Quadratmeter hat die Gemeinde Bad Tabarz gekauft. Und das bedeutet: Die touristische Entwicklung des Gipfels kann in Angriff genommen werden.

Aber mal langsam mit den jungen Pferden, sagt der Bürgermeister. Ehe hier der erste Schritt gemacht werden kann, muss eine Mobilitätslösung gefunden werden. „Wir müssen uns von dem Gedanken verabschieden, dass jedermann mit dem Auto bis zum Plateau fahren kann. Wenn das weiterhin möglich ist, brauchen wir den Gipfel gar nicht erst zu entwickeln, weil die Fläche als Parkplatz benötigt wird.“ Andererseits weiß der Bürgermeister, dass dann eine Möglichkeit geschaffen werden muss, jenen Menschen den Besuch des Inselsberges zu ermöglichen, die nicht mehr in der Lage sind, hinaufzuwandern. Und er verdeutlicht die Notwendigkeit mit Zahlen aus seiner Gemeinde. „Im Jahr 1994 lebten in Tabarz 361 Menschen über 65 Jahre. 25 Jahre später, also 2019, waren es nun in Bad Tabarz 1.179. Die Einwohnerzahl ist mit rund 4200 stabil geblieben.“ Nicht jeder aus dieser Gruppe braucht Hilfe, um auf des Berges Spitze zu gelangen, viele jedoch schaffen es ohne nicht. „Ob es eine Bergbahn ist oder eine Seilbahn sei erstmal dahingestellt. Nicht nur ich denke, dass für die Lösung die bestehende Lifttrasse genutzt werden soll. Das heißt, am Liftparkplatz, der natürlich ausgebaut werden und auf der gegenüberliegenden Seite eine Erweiterung erfahren muss, kann der Besucher das Fahrzeug abstellen und läuft dann ein paar Meter bis zur Talstation. Die beschwerlichen letzten Meter hinauf legt er dann bequem mit Berg- oder Seilbahn zurück.“ Wer mag, kann auch bis zur Talstation von Bad Tabarz aus wandern. „Da gibt es viele Wege“, sagt der Bürgermeister, „jeder auf seine Weise begehenswert.“  Ungeachtet, dass der Berg aus dem öffentlichen Verkehr genommen wird, muss die Kreisstraße 10, die mit Granit gepflastert bis zum Gipfel führt, saniert werden.

Hochrechnungen belegen, dass der wohl bekannteste Gipfel des Thüringer Waldes alljährlich 128.000 Touristen anzieht. Davon steigen 23.000 im Turm hinauf, den die Gemeinde Bad Tabarz gekauft hat und darin die Geschichte des Berges zeigt. Doch für Ortmann ist der Tourismus nur eine Seite. Der Inselsberg ist für die Menschen in der Region ebenso ein beliebtes Naherholungsziel. Auch dem müsse Rechnung getragen werden.

Viel ist in den vergangenen Jahren fabuliert worden. Unter anderem sollte sich auf dem Plateau ein Riesenrad drehen. Solchen Phantasien erteilt der Bürgermeister eine Absage. „Weder entsteht hier oben ein Vergnügungspark, noch ein Hotel. Der Inselsberg gehört zu den ersten Naturschutzgebieten Deutschlands, daran wollen wir uns orientieren und streben eine naturnahe Entwicklung an.“ Das unterstreicht auch der Siegerentwurf, den eine Jury aus 21 Einsendungen ausgewählt hat. Der sieht den Abriss der Gaststätte „Stadt Gotha“ vor und die Anlage vieler Grünflächen. Ende der 20er Jahre kann das Projekt abgeschlossen sein, rechnet Ortmann. Der Freistaat greift hierbei tief in die Tasche und fördert den touristischen Ausbau des Gipfels mit 90 Prozent. Von den zehn Prozent, die die Anliegergemeinden tragen müssen, übernehmen die Landkreise Gotha und Schmalkalden-Meiningen 75 Prozent, so dass erträglich ist, was Bad Tabarz, Brotterode und Waltershausen beisteuern müssen.

Die Förderung durch das Land Thüringen kommt nicht ohne Eigennutz. David Ortmann rechnet vor, dass in den Gemeinden rings um den Inselsberg jährlich 700.000 Touristen übernachten. Das zeige das Potential des Berges. Bad Tabarz kann auf Übernachtungszahlen verweisen, die höher sind als vor der Corona-Pandemie. „2013/14 zählten wir 173.000 Übernachtungsgäste, vergangenes Jahr waren es 201.000.“ Ein bisschen Luft nach oben hat der Kneipp-Kurort noch. „Bis 250.000 Gäste kann unsere Infrastruktur verkraften. Dann ist Schluss.“ Die Kapazität zu erweitern, ist für den Bürgermeister keine Option. „Wir werden keine der bis ins Dorf hineinreichenden Wiesen bebauen. Und wir werden auch nicht unseren Ortskern durch Bettenburgen verschandeln. Dass die Gäste nach Bad Tabarz kommen, liegt daran, dass es ist, wie es ist.“ Allerdings will Ortmann darunter nicht Stillstand im Ort verstanden wissen. Wer den umtriebigen Bürgermeister kennt, weiß: Das ist für ihn ohnehin keine Option.

Bild: Der Siegerwentwurf für die Gestaltung des Inselsberg-Plateaus: Auf dem Modell gibt es den Gasthof „Stadt Gotha“ nicht mehr. Stattdessen setzen die Architekten auf viel Grün. | © Klaus-Dieter Simmen

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