Regionalmanagement Thüringer Bogen:
„Ich hatte mich vorab für das Bühnenprogramm entschieden“, erzählt Marcel Andreß, „denn was mich auf den Straßen erwartet, würde altbacken daherkommen, davon war ich felsenfest überzeugt. Menschen in Trachten, die hin und wieder ein Ringelreigen hinlegen, das interessierte mich nur wenig.“ Seine Vorstellungen von der Europeade vor mehr als neun Jahren in Gotha waren von wenig Begeisterung geprägt. Am Ende kam es ganz anders.
Andreß sah keine der von ihm so favorisierten Bühnenshows. Das Treiben auf den Straßen nahm den jungen Mann dergestalt gefangen, dass er gar nichts verpassen wollte. Da sei nichts, aber auch gar nichts altbacken gewesen, sagt er und uninteressant schon gar nicht. Dabei hatte er damals, als seine Heimatstadt erstmals Gastgeber war, keineswegs die nötige Zeit, das Fest in vollen Zügen zu genießen. Als Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamtes musste er Dienst schieben. Umso mehr genoss er das, was ihm nach Feierabend geboten wurde.
„Das war alles sehr eindrucksvoll“, erinnert sich Andreß. Vieles jedoch sei ihm wegen seiner Arbeit entgangen. Der große Festumzug beispielsweise. Andererseits ist er stolz darauf, mit seinem Job für den sicheren Ablauf der Veranstaltung gesorgt zu haben. Wichtig aus seiner Sicht: Der Funke ist übergesprungen. Der Europeade-Gedanke hat den jungen Mann begeistert. In der Folge wurde Marcel Andreß Mitglied im Thüringer Trachtenverband; sein Engagement fiel auf, so wurde er bald schon ins Deutsche Europeade-Komitee gewählt. Und seit Gotha hat er keine einzige Europeade mehr verpasst. Corona machte zwar zwei Jahre lang Organisatoren und Freunden einen Strich durch die Rechnung, doch die Begeisterung für dieses Fest war nicht zu schmälern. Auch wenn die Online-Ausgaben nicht wirklich das Original ersetzen konnten.
Ziel der Europeade ist zu zeigen, wie vielfältig Europas Kulturen sind, wie fröhlich vor allem. Und aus den Begegnungen sollen Freundschaften wachsen. „Genau das hat bestens funktioniert“, erinnert sich Marcel. „Ob es meine litauischen Freunde sind, die aus Bayern, England oder Polen – wir halten Kontakt auch zwischen der alljährlich in einem anderen Land stattfindende Europeade.“ In diesem Jahr reiste er im Urlaub durchs Baltikum. Mit dem festen Ziel in Klaipėda dabei zu sein, wenn die litauische Hafenstadt Gastgeber für die 57. Ausgabe der Europeade ist. „Das war ein großartiges Fest“, schwärmt der Gothaer und erzählt natürlich gleich von den vielen Freunden, die er bei den Veranstaltungen getroffen hat.
Jetzt wirft die 58. Europeade ihre Schatten voraus. „Was Gotha damals 2013 geleistet hat, ist den meisten Teilnehmern noch in guter Erinnerung.“ 4500 Menschen wurden damals in der Stadt willkommen geheißen, betreut und verpflegt. „Das war ein Kraftakt“, erinnert sich das Mitglied des Gothaer Stadtrates (SPD). Im kommenden Jahr erwarten die Organisatoren 5000 Europeade-Gäste, was die Aufgabe noch sportlicher macht. Marcel Andreß gehört zu jenen, die sich schon im Vorfeld dafür einsetzen, dass die selbst gestellten Ansprüche auch erfüllt werden. „Noch heute höre ich von Besuchern, dass Gotha damals Maßstäbe gesetzt hat. Dem müssen wir uns natürlich stellen.“ Andreß sucht Gruppenbetreuer für das Ereignis vom 12. bis zum 16. Juli 2023. „Natürlich ist das kein 24-Stunden-Job, wer sich jedoch entschließt, eine Gruppe zu betreuen, sollte wissen, dass er ein wichtiger Ansprechpartner für die Gäste ist. Aus Erfahrung gibt es viele Fragen, etwa wo man in der Stadt Essengehen kann oder wo ein lauschiges Kneipchen zu finden ist – natürlich neben dem, was die organisatorischen Dinge betrifft.“ Deshalb seien Fremdsprachenkenntnisse von Vorteil, wobei Englisch gute Dienste zu leisten vermag.
Bei seiner Begeisterung für das große Fest europäischer Kulturen 2023, das weit über die Residenzstadt Gotha hinaus strahlen wird, fällt es ihm sicherlich leicht, andere damit anzustecken. Und Marcel Andreß ist fest davon überzeugt: Wer einmal mittendrin ist und die Lebensfreude spürt, der trägt auch künftig den Europeade-Gedanken in sich.
Bild: Marcel Andreß | © Klaus-Dieter Simmen