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Die Ergebnisse der Einzelhandelserfassung Thüringen 2022 zeigen, dass es in Thüringen weniger Betriebe und Verkaufsfläche im stationären Einzelhandel gibt als 2017/18. Im Freistaat spiegelt sich somit der bundesweite Trend wider. Dennoch liegt die Verkaufsflächendichte in Thüringen noch immer über dem Bundesschnitt. „Grundsätzlich ist die Versorgungsstruktur durch den Einzelhandel in Thüringen stabil. Wir stellen jedoch erhebliche regionale Unterschiede fest. Mit unseren bereits eingeleiteten politischen Maßnahmen wollen wir lebendige Innenstädte, eine wohnortnahe Grundversorgung und somit gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Thüringer Regionen sichern“, sagt Thüringens Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft Susanna Karawanskij.

Drei Ergebnisse sind besonders hervorzuheben. Der Rückzug des stationären Einzelhandels betrifft vor allem die nicht-zentralen Orte und die Leerstandsquote ist insgesamt stark angestiegen. Seit 2017 ist in Thüringen bei Betrieben des Einzelhandels ein Rückgang um 12 % und bei den Verkaufsflächen um 2 % festzustellen. Das verdeutlicht, dass vor allem kleine Betriebe häufig aufgeben müssen. Dieser Trend ist deutschlandweit zu beobachten. Die Gründe dafür sind vielfältig. Seit 2017 hat die Bevölkerung Thüringens um 2 % abgenommen, wodurch Kaufkraft und Umsatzpotenziale schwinden. Der Online-Handel bleibt der stärkste Konkurrent des stationären Einzelhandels und gewann seit der Corona-Pandemie weiter an Marktanteilen. Zudem fehlen dem inhabergeführten Einzelhandel Nachfolger:innen für die Betriebsübernahme. Wenn innerstädtische Ladenlokale schließen und längere Zeit leer stehen, sinkt die Aufenthaltsqualität in der gesamten Innenstadt und erschwert das Geschäft der verbliebenen Läden zusätzlich.

Mit dem Landesentwicklungsprogramm 2025 werden daher Einzelhandelsgroßprojekte auf die Zentralen Orte konzentriert. So wird verhindert, dass diese auf der „grünen Wiese“ entstehen, die nur mit dem Auto erreichbar wären, Flächen verbrauchen und die Innenstädte weiter unter Druck setzen würden.

Weitere politische Maßnahmen für zukunftsfähige Innenstädte

Bereits Mitte 2021 wurde auf Initiative des TMILs und der Thüringer Industrie- und Handelskammer das Thüringer Bündnis „Innenstädte mit Zukunft“ gegründet. Es besteht aus zahlreichen Verbänden und Initiativen mit dem Ziel, Thüringens Innenstädte zukunftsfähig zu gestalten. „Wir unterstützen Thüringer Kommunen dabei, gemeinwohlorientierte, zukunftsfähige Visionen für unsere Innenstädte zu entwickeln“, so Ministerin Karawanskij. Im Bündnis bearbeiten Arbeitsgruppen Themen wie Leerstandsbewältigung, Wohnen und Leben in der Stadt sowie Klimaanpassung. Mit einem „Wegweiser zur Innenstadtförderung“ veröffentlichte das Bündnis Ende 2022 einen Förderleitfaden für Kommunen, um Innenstädte attraktiv und individuell weiterzuentwickeln, indem insbesondere lokale Akteure effektiv unterstützt werden. Zudem werde eine stärkere interkommunale Kooperation bei der Innenstadtentwicklung angestrebt, sagt Karawanskij.

Die Ministerin verweist zudem auf die Städtebauförderung und die neue Soziale Wohnraumförderrichtlinie, mit denen vor allem die Aufenthaltsqualität in Innenstädten verbessert werden. In der Städtebauförderung stehen jährlich fast 100 Mio. Euro bereit. „Wir müssen die innerstädtische Aufenthaltsqualität sichern, indem wir Leerstand mit Leben füllen, öffentliche Grünanlagen ausbauen und Innenstädte mit bezahlbaren Wohnraum sowie mit vielfältigen Kulturangeboten bereichern“, betont Karawanskij. „Innenstädte können mehr als Shoppingmeile, wenn sie wieder zu Zentren des sozialen und kulturellen Lebens werden.“

Mit Blick auf den Trend, dass sich der stationäre Einzelhandel zunehmend aus dem ländlichen Raum zurückzieht, ergänzt Karawanskij: „Mit unseren Förderinstrumenten der Integrierten ländlichen Entwicklung haben wir seit 2015 etwa 60 Dorfläden in ganz Thüringen gefördert, um die wohnortnahe Grundversorgung auf dem Land zu sichern. Das Programm führen wir fort.“ Über die Regionalentwicklung wird derzeit ein Modellprojekt der mobilen Nahversorgung im Saale-Orla-Kreis gefördert.

Wichtigste Ergebnisse der Einzelhandelserfassung Thüringen 2022

Thüringen liegt mit einer Verkaufsflächendichte von rund 1,74 Quadratmeter (qm) je Einwohner noch immer über dem Bundesschnitt von 1,5 qm sowie über anderen Bundesländern wie Sachsen und Brandenburg mit jeweils etwa 1,66 qm.

Bei der Entwicklung des Einzelhandels gibt es in Thüringen große regionale Unterschiede. So sind die Betriebe mit -32 % und die Verkaufsflächen mit -14 % in den nicht-zentralen Orten deutlich stärker rückläufig als in den Zentralen Orten (-8 % bzw. -0,2 %). Bei der vergleichenden Betrachtung zu 2017/2018 müssen jedoch die vielen seitdem vollzogenen Eingemeindungen berücksichtigt werden. Davon konnten insbesondere die Zentralen Orte profitieren.

Im Vergleich der Landkreise und kreisfreien Städte zeigt sich ein differenzierteres Bild. So stiegen im Eichsfeld, Ilm-Kreis, Sömmerda, Unstrut-Hainich-Kreis, Wartburgkreis und Weimar die Verkaufsflächenzahl um bis zu 4 %. Andere Landkreise und kreisfreie Städte verzeichnen jedoch einen Rückgang der Verkaufsflächen von ca. 1 % in Greiz bis rund 10 % in Suhl.

In den drei Oberzentren Erfurt (-2 %), Jena (-3 %) und Gera (-7 %) gibt es insgesamt einen moderaten Rückgang der Verkaufsflächen. In Gera liegt der höhere Wert u. a. an der Aufgabe des Galeria Warenhaus. In den jeweiligen Mittelzentren fallen die Verkaufsflächenentwicklungen sehr unterschiedlich aus. Der stärkste Zuwachs ist in Ilmenau (+16 %) und der größte Rückgang in Gotha (-13 %) festzustellen.

Beim Vergleich der Verkaufsflächenbestände der Grundzentren fallen sehr große Unterschiede auf. Die größten Zuwächse fanden ähnlich wie bei der Anzahl der Betriebe in Gerstungen (+163 %), Dermbach (+89 %) und Amt Creuzburg (+83 %) statt. Die stärksten Rückgänge verzeichnen Arenshausen (-60 %), An der Schmücke (-29%) und Berga/Elster (-22 %). Aber auch hier müssen zum Teil die Eingemeindungen der letzten Jahre berücksichtigt werden.

Die durchschnittliche Leerstandsquote in Thüringen ist um 6 Punkte auf 27 % gestiegen. Die geringsten Leerstandsquoten (10-15 %) gibt es in Hildburghausen, Erfurt, Jena und Weimar. Unstrut-Hainich-Kreis, Kyffhäuserkreis, Sömmerda, Saale-Orla-Kreis, Gera und Altenburger Land haben mit über 30 % die höchsten Leerstandsquoten.

Die erste flächendeckende Einzelhandelserfassung für Thüringen wurde 2017/2018 im Auftrag des TMIL durchgeführt. Ziel war es, eine aktuelle und verlässliche Planungsgrundlage für die Raumordnung und Landesplanung zu schaffen. Die Einzelhandelserhebung 2022 ermöglicht nun eine genaue Bewertung der Einzelhandelsausstattung, der Lage der Einzelhandelsbetriebe und der bestehenden Leerstände auf Basis aktueller Daten.

Mit der Erstellung von kommunalen Einzelhandelskonzepten können die Städte und Gemeinden auch selbst aktiv werden und die Potenziale und Perspektiven ihrer Innenstädte ermitteln und Entwicklungsziele formulieren. Um dies zu unterstützen, stellt das TMIL allen interessierten Kommunen die Erfassungsdaten für ihre Planungen kostenfrei zur Verfügung.

Link zum Bericht: https://infrastruktur-landwirtschaft.thueringen.de/fileadmin/Strat_Landesentwicklung_Demografie/Raumordnung_Landesplanung/Einzelhandelserfassung_Thueringen_2023.pdf

Bild: © pixabay

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