Regionalmanagement Thüringer Bogen:
Vom Fenster seines Dienstzimmers blickt Oberbürgermeister Knut Kreuch auf die Countdown-Anzeige im Haus gegenüber, die mit roten Leuchtziffern die Tage herunterzählt, bis unterm Friedenstein ausgelassen gefeiert wird. Und das können die Gothschen in der Tat: Feiern! Genau das habe man in Erfurt erkannt, sagt Kreuch, und zum ersten Mal den Thüringentag zum zweiten Male an den gleichen Ausrichter vergeben. Wobei das Stadtjubiläum 1250 Jahre Ersterwähnung bei dieser Entscheidung durchaus eine Rolle spielt. Das ist keine geringe Herausforderung, der sich die Stadt jedoch gerne stellt. Was das im Einzelnen bedeutet, womit Anfang Mai die Besucher überrascht werden wollen und wie sich die Stadt für die festlichen Tage herausputzen will, muss das Stadtoberhaupt in diesen Tagen immer wieder erklären.
Ungeachtet aller Feierlichkeiten, die ins Haus stehen, sie sind nicht alles, was das städtische Leben ausmacht. Allein der Jahreshaushalt von etwa 127 Millionen Euro zeigt, in den Mauern des Jubilars passiert anno 2025 noch viel, viel mehr. „Klar“, sagt Kreuch, „wir feiern Gothas lange und erfolgreiche Geschichte in diesem Jahr. Aber wir werden 2025 auch bedeutsame Projekte abschließen oder in Angriff nehmen.“ Er verweist darauf, dass die Stadt finanziell stark am Bau der Jugendherberge beteiligt ist, ebenso am Projekt Gothardus-Kindergarten und an der Sanierung der Turnhalle Löfflerschule.
Doch dem Oberbürgermeister geht es nicht nur um die Vorhaben, unter die im Laufe des Jahres ein Schlussstrich gezogen wird. In diesem Jahr startet die Sanierung und Modernisierung der Grundschule „Erich Kästner“ in Gotha-Sundhausen. Für alle Bürger von Bedeutung dürfte der Arnoldi-Garten sein. „Hier lassen wir ein Biotop am Rand der Stadt entstehen. In der vom Bund geförderten Maßnahme wird ein bedeutsames Stück Natur mit Blick auf den Klimawandel gestaltet“, freut sich der Lokalpolitiker.
Mit Blick auf den Bahnhof, den die Stadt ja 2021 erworben hat, erklärt er, dass die Baugenehmigung eingereicht wurde. Allerdings: „Plötzlich funkt die Deutsche Bahn dazwischen, die sich ein Mitspracherecht gesichert hat. Über sogenannte Grunddienstbarkeiten hat sie Einfluss auf die Unterführung und damit den Weg durch das Gebäude.“ Aus heiterem Himmel erklärte sich nun das Eisenbahnbundesamt für den Bauantrag verantwortlich, was bedeutet, dass die Bahn selbst dort einen ebensolchen Antrag stellen muss. Kreuchs Hoffnung, dass es möglich ist, all die Dinge auf dem kleinen Dienstweg in den Griff zu bekommen, hat sich augenscheinlich zerschlagen. Das wirbele die gesamte Planung der Stadtverwaltung durcheinander, bedauert er. Den für den Sommer geplanten obligaten Spatenstich sieht das Stadtoberhaupt in weite Ferne gerückt. So würden weitere Jahre nutzlos verstreichen. Zwischen Einreichung der Baugenehmigung und dem Kauf des Bahnhofsgebäude liegen bereits vier lange Jahre. Kein Wunder, dass der Oberbürgermeister über die Entwicklung stinksauer ist.
Zehn Prozent des Haushaltes 2025 der Stadt fließen in freiwillige Leistungen. Wobei das Stadtoberhaupt den Begriff freiwillige Leistungen gar nicht so sehr mag: „Es sind aus meiner Sicht Leistungen für unsere Bürger und es sind Möglichkeiten der Mitbestimmung.“ Aus der Stadtkasse fließen 2,5 Millionen in die Stiftung Friedenstein, ein nicht geringer Betrag kommt der Thüringen Philharmonie zugute, die Kulturstadt Gotha bekommt eine Million Euro, ebenso viel die Stadtbibliothek „Heinrich Heine“. Solche Summen seien in Deutschland für eine Stadt wie Gotha nicht selbstverständlich, unterstreicht der Oberbürgermeister. Doch ob das zukünftig weiterhin so gestaltet werden kann, ist fraglich. Dass es darauf hinausläuft, den Gürtel enger zu schnallen, ist er sich gewiss.
Die wirtschaftliche Lage sei nicht rosig. „Die Gewerbesteuern im Osten sind ohnehin schon gering, sinken in Zukunft noch weiter ab“, befürchtet der SPD-Politiker. Zu wenige Unternehmen haben ihren Hauptsitz in den neuen Bundesländern, zu wenige Behörden sind hier zu Hause, daraus folgen geringe Steuereinnahmen in den Regionen. „Mit Blick darauf brauchen wir eine andere Finanzaufteilung“, fordert nicht nur der Gothaer Oberbürgermeister. „Beim jüngsten Deutschen Städtetag, der Anfang des Jahres in Gotha tagte, wurde gefordert, dass die Städte und Gemeinden am Mehrwertsteueraufkommen beteiligt werden, dass es eine andere Aufteilung der Einkommenssteuer gibt. Und vom Städtetag in Gotha geht eine ganz klare Forderung aus: Wer bestellt, der zahlt! Wenn der Bund oder das Land bestellten, dürfen nicht die Kommunen zur Kasse gebeten werden.“
Foto: Gothas Oberbürgermeister Knut Kreuch | © Simmen