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Es soll ein kunstfertiger Mönch gewesen sein, der vor rund 660 Jahren mit einem Pflug, dem ein weißer Ochse vorgespannt war, den künftigen Verlauf des Leinakanals markierte. In der Augustinerkirche predigte im Jahr 1521 Martin Luther. Die drastischen Worte, die er den Gläubigen entgegenschleuderte, brachten den Teufel derart in Rage, dass dieser Steine aus dem Gemäuer riss und sie in den Kirchenraum warf. Zwei von vielen Gothaer Sagen, die über die Jahrhunderte von Generationen weitergegeben wurden. Und mit denen Eltern oder Großeltern ebenso lange bei ihren Sprösslingen das Interesse an der Stadtgeschichte zu wecken vermochten.

Bei Andreas M. Cramer und Kai von Kindleben funktionierte das besonders gut. So gut, dass Cramer begann, Goth’sche Sagen zu sammeln und aufzuschreiben. Kai von Kindleben fertigte dazu Illustrationen – und so brachte das Duo vor rund anderthalb Jahrzehnten das Gothaer Sagenbuch auf den Markt. „Und schon damals war Kai unzufrieden“, erinnert sich der Autor. „Seine Bilder waren schwarz-weiß und das genügte ihm nicht.“ Und so äußerte der Künstler, die nächsten Illustrationen würden farbig sein, Gemälde also, in denen die Geschichten aus frühen Tagen plastisch erzählt werden. „Meinen Einwand, dass unser Buch doch eben erst erschienen sei und noch gar nicht abzusehen ist, wann oder gar ob noch ein zweites Sagenbuch verlegt werden wird, tat er mit einer Handbewegung ab“, erzählt Andreas M. Cramer.

Jetzt ist besagtes Buch in der Tat erschienen. Den Titel ziert das Bild vom kunstfertigen Mönch, zwischen den Deckeln bebildern farbige Darstellungen Gothas Sagenwelt. Die Vorlage lieferten Gemälde, Acrylfarbe auf Leinwand, die Kai von Kindleben in den vergangenen Jahren angefertigt hat. Und eben diese Bilder sind derzeit im Original zu bestaunen. Im Friede-Springer-Saal der Gothaer Stadtbibliothek „Heinrich Heine“ sind sie bis Februar ausgestellt. Da sieht man, wie sich Napoleons Soldaten mit aller Mühe den verschneiten Lappenhög hinaufmühen, da fließt das Wasser des wundertätigen Brunnens am Seeberg, zwei mutige Herren schicken sich an, die geheimen Schlossgänge zu erforschen und da lodert das Feuer beim großen Stadtbrand. Der Künstler hat auf vielen Bildern ein Gotha entstehen lassen, dass es heute so längst nicht mehr gibt. Und beim Betrachten lohnt es allemal, Gründlichkeit walten zu lassen. Mit einer guten Portion Humor hat Kai von Kindleben auf den Bildern kleine Schnärzchen untergebracht – in typisch Thüringer Art.

All jene, die am Dienstagabend zur Ausstellungseröffnung die Sagenbilder bestaunten, zeigten sich angetan. Alexander Weisheit freute sich über die Vielfalt und betrachtete die Bilder unter einer ganz bestimmten Prämisse. „Ich sehe sie mir an und überlege, welches ich wohl kaufen würde, wenn denn die Werke zum Verkauf stünden.“ Am Ende gestand er ein, dass die Qual der Wahl eine Entscheidung sehr schwer mache.

Kai von Kindleben bringt in diesem Jahr noch ein weiteres Buch auf den Markt. Demnächst wird er in Arnstadt im THK-Verlag sein Werk „Menschenskinder“ vorstellen – seine eigene Adaption des „Struwwelpeter“.

Bild: Ausstellung zum Gothaer Sagenbuch | © Klaus-Dieter Simmen

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