Regionalmanagement Thüringer Bogen:

Dass in den nach dem verheerenden Brand von 2013 neukonzipierten Sonderausstellungen im Schloss Ehrenstein ein Schwimmsaurier Jagd auf einen Schwarm Fische macht, ergibt durchaus Sinn. Denn neben Bach und Schaukelpferd, dem fellbezogenen, versteht sich, gehört auch zur Ohrdrufer Historie, dass sich hier einst ein Muschelkalkmeer ausdehnte. Studienrat Julius Böttcher (1886 – 1970) beschäftigte sich intensiv mit dieser Epoche und legte eine Sammlung an, deren Fossilien das Leben in diesem Gewässer aufzeigen. Neben diesen Exponaten lassen 25 hochdetaillierte Modelle beim Betrachter die Welt von Perm und Trias lebendig werden. Dabei misst das Größte immerhin mehr als zwei Meter.

Tiere im Modell erstehen zu lassen, die längst ausgestorben sind, das hat auch mit Detektivarbeit zu tun. Vor allem aber ist es Teamarbeit, die unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen vereint. Dies und das Fossil ermöglichen eine schrittweise Annäherung an ein Tier, das kein Mensch je zu Gesicht bekam. Sebastian Brandt aus Kornhochheim ist der Schöpfer dieser Modelle im Schloss Ehrenstein. Ihn hat früh schon fasziniert, wie solche Arbeiten entstehen. Deswegen verbrachte er als Schüler die meiste Ferienzeit im Erfurter Naturkundemuseum, natürlich in der Präparatorenwerkstatt. Dort lernte er früh: „Ein Modell funktioniert nur dann, wenn wissenschaftliche Exaktheit einher geht mit gestalterischer Innovation.“ Nach der Schule kam der Zivildienst für den heute 41-Jährigen, natürlich in der Präparatorenwerkstatt des Naturkundemuseums. Dann schließlich das Studium der Freien Kunst an der Bauhaus-Uni in Weimar. Doch rasch zog es den Mann aus Kornhochheim wieder zurück zu Sauriermodellen. Er machte sich mit der Firma reco-brandt schließlich selbstständig, dem Atelier für Gestaltung und Präparation. Was hier unter seinen geschickten Fingern Gestalt annahm, erfuhr Würdigung. Dafür stehen zahlreiche Auszeichnungen. So konnte das Exponat „Diorama Grottenolm Proteus anguinus“, eine Gemeinschaftsarbeit mit dem Gothaer Präparator Peter Mildner, in der Kategorie „Collective artist“ mit dem 2. Platz geehrt werden. Das war 2018 in Salzburg, wo sich insgesamt 250 Teilnehmer aus 34 Ländern mit insgesamt 360 Exponaten beteiligen, was die Wertigkeit des Wettbewerbs unterstreicht. Dort erhielt das reco-brandt Exponat „Orchideen-Kalkmagerrasen – Bocksriemenzungen, Rötelmäuse und typische Begleitarten“, eine Gemeinschaftsarbeit mit Christian Blumenstein aus Potsdam, bei dieser 11. European Taxidermy Championship den 1. Platz in der Kategorie „Collective Artist“. Bei der 12. Auflage dieses Wettbewerbs 2021 in Budapest konnte Sebastian Brandt den Titel verteidigen. Mit dem Kleindiorama zur Biologie des Blattlosen Widerbarts mit diversen Begleitarten, erneut mit Christian Blumenstein geschaffen, konnte wieder Rang eins eingefahren werden. Zudem wurde der Kornhochheimer als Europameister im wissenschaftlichen Modellbau geehrt.

Orchideen spielen mittlerweile eine wichtige Rolle in seiner Atelierarbeit. Denn der Künstler hat eine Methode entwickelt, Abgüsse von Pflanzen zu erstellen, die so detailgetreu sind, dass selbst unterm Mikroskop nicht auf den ersten Blick zu erkennen ist, dass es sich um ein Modell handelt. Erstmals stellte Brandt seine Orchideenmodelle im Erfurter Naturkundemuseum aus. Unter dem Titel „Juwelen der Natur – Orchideen in Thüringen“ bestaunten die Besucher lebensechte Modelle von Purpur-Knabenkraut, Bienen-Ragwurz oder Blattlosem Widerbart. Dabei brachte der Künstler nicht nur alle 121 heimische Orchideenarten als Modell in die Ausstellung, sondern auch zwölf typische Orchideen-Lebensraumtypen, darunter das in Budapest prämierte Kleindiorama. Das komplizierte Verfahren, Pflanzenmodelle herzustellen, hat sich Brandt bis zur Perfektion erarbeitet. Was in Kornhochheim entsteht, ist weltweit einzigartig. Und demzufolge weltweit gefragt.

Reco-brandt-Modelle sind in vielen Museen nicht nur in Europa zu sehen. Im Großherzogtum Luxembourg schmücken paläontologische und botanische Modelle aus Thüringen eine Dauerausstellung im Naturkundemuseum. Der nächste Auftrag aus dem kleinen Land ist bereits vergeben: Sebastian Brandt wird die dort heimischen Orchideen im Modell anfertigen und auch präsentieren. Solche von arabischen Wüstenpflanzen hat das Museum in Qatar bereits aus dem Thüringer Bogen erhalten. Dafür war Brandt mit einem Team in karger Region unterwegs, um die Pflanzen abzuformen. Die Fertigung der Modelle erfolgte in Kornhochheim, dann reiste der Thüringer zurück nach Doha, um im dortigen Museumsneubau die Pflanzen sozusagen einzubauen. Seit mehr als drei Jahren sind sie Teil der Ausstellung.

Bild: Sebastian Brandt von reco-brandt | © Klaus-Dieter Simmen

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