Regionalmanagement Thüringer Bogen:

Mit 26 Jahren beendete Daniel Martschoke sein Ingenieurstudium an der Technischen Universität Ilmenau. Ein Jahr später gründete er seine erste Firma, die Synantik GmbH. Dort wird Medizin- und Messtechnik entwickelt. Jüngstes Produkt: Eine Microwelle für Blutkonserven. Während es rund eine Stunde dauert, ehe das tiefgekühlte Behältnis aufgetaut ist, braucht das Gerät dafür sechs Minuten, was lebensrettend sein kann. Zwei Jahre später kam zur Mutterfirma eine zweite Gesellschaft hinzu, die Firma Lynatox. Vorausgegangen war rund anderthalbjährige Forschung zu einem Thema, die am Ende zu einer revolutionären Technik führte, nämlich katalytische Nanotechnologie zur Luftreinigung.

Rückblickend nahm die Geschichte ihren Lauf im Holzhaus in der Suhler Straße in Ohrdruf. „Meine Gründergarage, wenn man so will“, sagt der Ingenieur. Noch als Student begann er dort mit seiner Forschungsarbeit. Zu einem gemeinsamen Forschungsobjekt mit der TU Ilmenau kam es wenig später. Durchflussmessung flüssiger Metalle lautete die Forschungsaufgabe. Und auch der Lynatox-Gründung ging ein Forschungsauftrag voran, an dem auch die Materialforschungs- und prüfanstalt an der Bauhaus-Universität Weimar (MFPA) beteiligt war.

„Es zeigte sich, dass Schulen, die in der DDR gebaut wurden, nach energetischer Sanierung und dem Einbau neuer Fenster in den Räumen eine hohe Naphthalinkonzentration aufwiesen. Der Grund dafür liegt in einer Teerschicht, die beim Bau eingebracht wurde. Das Problem lässt sich lösen, indem man mit hohem baulichem Aufwand entkernt und die Teerschicht abfräst. Das kommt die Kommunen sehr teuer“, erläutert Martschoke. Gemeinsam mit anderen Forschern arbeitete er an einem Luftfilter, der das Problem auf kostengünstige Weise löst. Ende 2015 dann der Durchbruch. Die Forscher hatten eine Möglichkeit gefunden, Luft und Wasser mittels Photokatalyse zu reinigen. Und das rückstandslos. Nicht nur das giftige Naphthalin wird neutralisiert, auch Bakterien, Viren, Schimmelpilze, Pollen, Ammoniak, Formaldehyd oder Lösungsmittel werden vernichtet.

Oftmals erweist sich der folgerichtige Schritt in die Selbstständigkeit schwieriger als gedacht. Klar, wer gerade sein Studium beendet hat, kann selten auf eine solide finanzielle Ausstattung zurückgreifen. Seit 2020 kümmert sich an der TU Ilmenau der Ilmkubator um gründungswillige Studenten. Doch schon bevor sich die Uni über den Wettbewerb „EXIST-Potentiale“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz die erforderlichen Mittel dafür sicherte, griff sie Studenten oder Absolventen unter die Arme, damit ihre Ideen Wirklichkeit werden konnten. „Davon habe ich ebenfalls profitiert“, blickt der Ingenieur zurück. Er habe Zugriff auf verzweigte Netzwerke bekommen, so dass schließlich die Finanzierung gesichert werden konnte – bei beiden Firmengründungen. „Und uns wurden Räumlichkeiten im Technologie- und Gründerzentrum Ilmenau vermittelt.“

Mittlerweile sind in beiden Firmen rund 20 Mitarbeiter beschäftigt. Die Räumlichkeiten in Ilmenau reichten bald schon nicht mehr aus, so dass in Luisenthal die Produktionsfläche erweitert wurde. Die Verbindung zur Technischen Universität ist jedoch nach wie vor eng. Studenten nutzen gern die Möglichkeit, ihre Abschlussarbeit in einem der Unternehmen zu schreiben. Und Martschoke freut sich, wenn Absolventen bei ihm anklopfen und das Team erweitern wollen.

Der Luftreiniger, der Schadstoffe abbaut, ist das Hauptprodukt von Lynatox. Und mit Blick auf Schulen oder andere öffentliche Gebäude, denen eine aufwändige bauliche Sanierung erspart bleibt, sind hier schon viele Millionen Euro Steuergelder eingespart worden. Doch auch aus der Industrie greifen Kunden auf die Technologie aus dem Thüringer Bogen zurück. Da gehe es um Abgasreinigung, aber auch um die Säuberung belasteten Wassers, erklärt Martschoke. „Derzeit reinigen wir mit unserem System nitratbelastetes Wasser bei einem Automobilzulieferer in Franken.“

Den Geschäftsführer sieht man selten im feinen Zwirn am Schreibtisch sitzen. Der 36-Jährige sieht sich in erster Linie als Ingenieur, der von der Forschung nicht lassen kann, zweitens ist Lynatox zwar seit 2016 auf dem Markt und längst etabliert, befinde sich aber eben doch noch auf experimentellen Wegen. „Spannende Projekte gehören zu unserer Arbeit“, freut er sich, „so wie in Sonneberg, wo wir eine Kläranlage mit unserem System ausstatten, um das Abwasser von Medikamentenrückständen zu säubern. Außerdem haben wir schwimmfähiges Material entwickelt, das bei Ölhavarien eingesetzt werden wird, um das Öl an der Oberfläche abzusaugen und katalytisch abzubauen.“

Bild: Daniel Martschoke in seinem Labor: Forschung ist dem Geschäftsführer der Firma Lynatox in Luisenthal wichtig. | © Klaus-Dieter Simmen

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