Regionalmanagement Thüringer Bogen:

In seinem jüngsten Buch beschäftigt sich der Georgenthaler Autor Bernd Hill mit dem Klimawandel, mit Lösungswegen und der wichtigen Rolle, die dabei Bildung spielt. Wir unterhielten uns mit ihm und fragten:

Ist das Klima noch zu retten?

Ja, es ist zu retten, ganz klar. Wir müssen mit Optimismus und Kreativität die dringend erforderlichen Lösungen erzeugen. Wir brauchen machbare Zukunftsvisionen zur Bewältigung des vom Menschen verursachten Teils des Klimawandels durch neue Technologien, demokratische Mitbestimmung sowie eine Lebenshaltung, die in harmonischer Beziehung zur Natur steht. Und dabei können wir von der Natur einiges lernen und abschauen.

Wobei wir die Natur ausbeuten und nicht als Partner sehen …

Das stimmt. Und mit diesem Tun haben wir auch das Klima beeinflusst. Und doch kann der Mensch auch wieder durch seine Technik dazu beitragen, dass das Gegenteil geschieht. Wir sind nicht passive Beobachter des Klimawandels und seiner negativen Auswirkungen auf die Biosphäre, sondern wir können ihn aktiv durch Kreativität und neue technische Problemlösungen in die von uns gewünschte Richtung lenken.

Was können wir von der Natur für eine klimafreundlichere Welt lernen?

Das Lernen von der Natur führt in Richtung einer naturgemäßen, einer sozusagen biologisch orientierten Technik, die bei minimalem Einsatz von Stoffen und Energien eine hohe ökonomische und ökologische Wirksamkeit zu erzielen in der Lage ist. Dabei können wir die Energie- und Klimabionik nutzen. Hier gibt es bei Pflanzen und Tieren viele Lösungen abzuschauen. Im Lauf der Evolution haben sich bei ihnen Möglichkeiten entwickelt, wie sie erfolgreich Umweltenergien, die sich ständig erneuern, nutzen. Sie stehen ja jedem Lebewesen sozusagen gratis zur Verfügung. Es sind solche, wie die direkte Solarenergienutzung, die Schwerkraft, das Magnetfeld der Erde, Wind- und Wasserströmungen sowie solche zum Temperaturausgleich.

Viele bezweifeln, ob das funktioniert. Die Argumente lauten, Wind weht nicht immer, die Sonne scheint nicht jeden Tag.

Dass unsere gegenwärtig bestehenden Anlagen zur Nutzung der erneuerbaren Energien in mancherlei Hinsicht noch nicht perfekt sind, ist eine Tatsache. So weist eigentlich jedes technische Erzeugnis am Anfang seiner Entwicklung Mängel auf. Daher gibt es kein technisches Erzeugnis, welches während seines Lebenszyklus in der Herstellung, beim Betrieb und bei der Wiederverwertung nicht in irgendeiner Weise die Umwelt belastet. Weil die Anlagen währen des Betriebs und der Wiederverwertung noch einige Mängel aufweisen, müssen wir sie nicht gleich verteufeln und abschaffen.

Einerseits brauchen erneuerbare Energien Akzeptanz, andererseits braucht die Entwicklung solcher Technologie gut ausgebildete Fachleute. An beidem mangelt es in Deutschland. Wie will unser Bildungssystem, Lust aufs Forschen und Entwickeln wecken?

Trotz aller Probleme sind die erneuerbaren Energien ein notwendiger Bestandteil unserer Energieversorgung geworden, der fast 60 Prozent der Elektroenergieerzeugung abdeckt. Auch hängen an der Entwicklung und Herstellung sowie dem Betrieb und Recycling dieser Energieanlagen viele Arbeitsplätze. Um die Akzeptanz der erneuerbaren zu stärken, müssen sie in ihrem Für und Wider für die Bevölkerung so erkenntlich und durchschaubar gemacht und in einer breiten Öffentlichkeit zur Diskussion gestellt werden, damit sie als Instrument der Teilhabe und Mitbestimmung in unserer Gesellschaft dienen. Das haben die Regierenden bisher nur unzureichend geschafft.

Der Klimawandel und die erneuerbaren Energien implizieren auch neue Inhalte für Bildung und Erziehung, oder?

Sie sind ein Beitrag, langfristig die Probleme unserer Zukunft über Generationen hinweg zu meistern. Zukunftsentwürfe gehen alle Menschen an und erfordern daher auch die Ausschöpfung ihres kreativen Potenzials für die Gestaltung einer besseren Welt. In unserem rohstoffarmen Land ist das Humankapital Kreativität und Innovationsfähigkeit von entscheidender Bedeutung für die zukünftige Entwicklung unserer Gesellschaft. Die Kreativität kann daher als eine erneuerbare Gestaltungsenergie der Menschen betrachtet werden, die als unversiegbare und ständig sprudelnde Quelle anzuzapfen ist. Das ist gerade in dieser Zeit dringend notwendig, damit wir auch die auf wirtschaftlich-technischen Gebiet verlorengegangenen fortschrittlichen Positionen in der Welt wiedererlangen. Deutschland als Land der Forscher und Erfinder verliert zunehmend seine Wettbewerbsvorteile und triftet in die Bedeutungslosigkeit ab. Damit Deutschland auch in Zukunft wieder das Forschen, Entdecken, Tüfteln und Erfinden als Leitprinzip dient, besteht seitens der Bildungspolitik die Verpflichtung, dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen. Das erfordert in besonderem Maße die Stärkung der naturwissenschaftlich- technischen Bildung in der Schule.

Was heißt das im Klartext?

In der Schule muss es darum gehen, Lernenden auf die sich wandelnde Welt vorzubereiten. Zukunftsfähigkeit wird dadurch zu einer neuen Schlüsselkompetenz. Zur Ausprägung dieser Kompetenz eignen sich beispielsweise solche Handlungsfelder als Wahlmöglichkeiten für die Lernenden wie Klima, Energie, Biodiversität, Mobilität, Ernährung, Gesundheit und Besiedlung anderer Planeten. Diese Handlungsfelder der Lernenden stehen in unmittelbarer bzw. in mittelbarer Verbindung mit dem gegenwärtigen Klimawandel. In diesen Handlungsfeldern können reale gesellschaftliche Probleme gelöst werden, die natürlich den einzelnen Jahrgangstufen entsprechend, didaktisch und methodisch aufbereitet werden müssen.

Das Buch „Klimawandel – Bionik und Naturorientiertes Lernen“ ist im Burghügelverlag Weimar erschienen, umfasst 334 Seiten und ist im Buchhandel unter der ISBN 978-3-944575-88-9 zu erhalten.

 

Foto: In seinem jüngsten Buch beschäftigt sich der Georgenthaler Autor Bernd Hill mit dem Klimawandel. | © Klaus Simmen