Regionalmanagement Thüringer Bogen:
Die Ausbildungssituation treibt sie beide um, den Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Gotha und den Kreishandwerksmeister. Selbst wenn mittlerweile die Zahlen jener deutlich zunehmen, die sich für eine Zukunft im Handwerk entscheiden.
„Natürlich sorgt es für Erleichterung, wenn die Schülerzahlen groß genug sind, um in den einzelnen Gewerken in der Berufsschule Klassen zu bilden“, sagt Horst-Dieter Rogall. Der amtierende Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Gotha, Klaus Lasner, ergänzt: „Wir haben im Sanitär-Heizung-Klima-Handwerk (SHK) in diesem Jahr 15 neue Ausbildungsverträge, bei Zimmerleuten sind es drei und im Bäckerhandwerk zwei.“ Unterm Strich zu wenig junge Leute, die sich fürs Handwerk entscheiden. Doch ein Aufwärtstrend ist nicht zu übersehen. Trotzdem werden die Erwartungen nicht erfüllt. Rogall weiß: „Eine entscheidende Ursache dafür ist die geringe Akzeptanz, die Handwerk in der Bevölkerung hat. Wer studiert, der stellt was dar, wer sich fürs Handwerk entscheidet, bei dem hat es zu mehr nicht gereicht.“
Trotzdem sieht er, selbst Inhaber eines SHK-Betriebes, Licht am Ende des Tunnels. In seiner Funktion als Kreishandwerksmeister schüttelt er bei Gesellenfreisprechungen Hände und überreicht Blumensträuße. „Dabei rede ich mit den jungen Gesellen. Im Gegensatz zu früheren Jahren sind alle entschlossen, im Handwerk zu bleiben, die meisten sogar im Ausbildungsbetrieb.“ Diese jungen Leute hätten begriffen, dass am goldenen Boden, den das Handwerk bietet, viel Wahres ist. Und dass die Möglichkeiten, sich weiterzubilden, dem eines Studiums ebenbürtig sind. Doch es ist nicht einfach, Schüler davon zu überzeugen, ihre Zukunft in einem Handwerksbetrieb zu sehen. Deshalb nutzt auch die Kreishandwerkerschaft Gotha alle Foren, um auf Ausbildungsmöglichkeiten aufmerksam zu machen.
Lasner ist sich darüber im Klaren, dass es zukünftig insbesondere im Baugewerbe Probleme geben wird, einen geeigneten Handwerker zu bekommen. Vorausgesetzt, es wird nicht umgesteuert. Das heißt für ihn im Klartext: „Wir alle, die das Handwerk vertreten, sowohl tatsächlich oder auch organisatorisch, müssen mit viel stärkerer Kraft deutlich machen, wie wichtig jedes Gewerk für ein funktionierendes Land ist.“ Mit diesem Tenor beteiligte sich die Kreishandwerkerschaft Gotha Anfang September an der Ausbildungsbörse im Berufsschulzentrum „Hugo Mairich“. Dort zeigte sich, dass die Besucherzahlen am Stand Samstag größer waren als Freitag. Und ergiebiger. „Dann informieren sich die künftigen Auszubildenden mit ihren Eltern. Da gehen die Fragen schon tiefer.“ Lasner, der viele Jahre in der Handwerkskammer Erfurt in leitender Funktion gearbeitet hat, weiß zudem, dass es dringend geboten ist, das Interesse der jungen Leute auf vielfältige Art zu wecken.
Dem stimmt der Kreishandwerksmeister Rogall zu. „Es gibt viele, die solche Ausbildungsbörsen als Forum wahrnehmen, bei dem prima Kugelschreiber zu sammeln sind oder wo man oft ins bereitgestellte Bonbonglas greifen darf. Diese jungen Leute muss man auf die eine oder andere Art ebenfalls packen.“ Für ihn wäre es eine Möglichkeit, dass schon die Schüler in verschiedenen Betrieben in Berufe Einblick erhalten, um zu wissen, was sie erwartet. „Das könnte manchen Lehrabbrecher verhindern.“ Wobei Rogall betont: „Die Studienabbrecher sind bei weitem deutlich in der Überzahl. Lehrlinge, die im Handwerk das Handtuch schmeißen, sind es weniger.“ Das, sagt er, werde oft übersehen. Übereinstimmend mit Klaus Lasner ist er sicher, das Handwerk muss sich bei der Gewinnung von Nachwuchs besser aufstellen. Reden ist Silber, Gold hingegen ist es, wenn die jungen Leute am Stand selbst aktiv werden und sich an technischen Geräten ausprobieren können. Optimal aus Sicht des Handwerksmeisters, wenn fast Gleichaltrige, die bereits im Handwerk lernen, auf Ausbildungsmessen für ihren Beruf werben. „Was wir Alten sagen, na ja, das ist schnell vergessen, wenn aber einer aus der gleichen Altersgruppe erklärt, wie vielfältig doch die Arbeit im Handwerk ist, bekommt das einen anderen Stellenwert.“
Ende des Monats, am 29. und 30. September, findet in der Ohrdrufer Goldberghalle die Ausbildungs- und Stellenbörse 2023 statt. Dort vertritt die Kreishandwerkerschaft, wie all die Jahre zuvor bereits, die verschiedenen Innungen. „Die einzelnen Betriebe hätten gar nicht die Möglichkeit, dort präsent zu sein“, betont der Kreisobermeister. Vertretung der Innungen kann die ganze Bandbreite darstellen.
Die erfreulichen Zuwächse in den Ausbildungsbetrieben in diesem Jahr im Landkreis Gotha entsprechen dem Thüringentrend. Der Anstieg an Lehrverträgen stieg gegenüber dem vergangenen Jahr um rund neun Prozent. Allerdings steht dem eine deutlich größere Anzahl an Ausbildungsplätzen gegenüber. Das zeigt: Das Handwerk will ausbilden. Die Nachfrage bleibt hingegen weiter dahinter zurück.
Bild: Kreishandwerksmeister Horst-Dieter Rogall bei der Gesellenfreisprechung. | © Klaus-Dieter Simmen