Regionalmanagement Thüringer Bogen:

Jetzt sitzt der Bär im Schaufenster, grinsend und durchaus selbstzufrieden. Und das ist völlig in Ordnung, hat er doch seine Auftritte in der Sommerkomödie „Zwei zu eins“ mit Bravour bewältigt. Gut, das war zu erwarten. Plüschtiere aus der Firma Steiner in Georgenthal sind es gewohnt, große und kleine Auftritte im Film zu haben. Die Katze beispielsweise, die in der Netflix-Serie „Liebes Kind“ zum heimlichen Star avancierte. „Wir bekommen regelmäßig Anfragen von Film und Fernsehen, die bestimmte Plüschtiere für ihre Produktionen brauchen“, sagt André Simon, Geschäftsführer des Traditionsunternehmens. Nun ja, viele Möglichkeiten gibt es ohnehin nicht mehr, Kuscheltiere zu erwerben, die in Deutschland hergestellt wurden. Der Markt sei ausgedünnt, bedauert Simon.

Deshalb verkauft das Thüringer Unternehmen seine Produkte auch nicht mehr im Einzelhandel. Sie können preislich mit den Waren aus Fernost nicht mithalten.

Wir müssen dreifach höhere Preise aufrufen, dafür bekommt der Kunde erstklassige Handarbeit und das Versprechen, die Europäische Sicherheitsnorm für Spielwaren (kurz EN71) wird penibel eingehalten. Das bedeutet, wir setzen keine verschluckbaren Kleinteile und ausschließlich ungefährliche Materialien ein,

betont der Geschäftsführer. Und genau das schätzen die Kunden. Dabei ist die Produktion in Georgenthal zweigeteilt. Einmal wird in Serie genäht, den zweiten Teil nehmen Auftragsarbeiten ein. So wie beim Bären für „Zwei zu eins“. Obwohl von der Produktionsfirma bestellt, hat der Handwerksbetrieb ihn nicht verkauft, sondern vermietet.

Zu groß war die Wahrscheinlichkeit, dass der Bär dann im Fundus verschwindet. So aber haben wir ihn weiter im Besitz.

Und da hockt nun das überdimensionale Kuscheltier inmitten funkelnagelneuer DDR-Mark in der Georgenthaler Bahnhofsstraße im Schaufenster.

Tourist-Informationen im Freistaat bieten den Thüringer Kloß als Plüschvariante an – produziert in Georgenthal. In Erfurt bekommt jedes Neugeborene von der Stadt eine Puffbohne als Kuscheltier – produziert in Georgenthal. Der Schulbuchverlag Cornelsen liefert mit seinen Büchern eine Handpuppe aus – hergestellt in Georgenthal. Und das Bildungsministerium in Luxemburg geizt nicht mit seinem kuschligen Bücherwurm – hergestellt, na ja, das wissen Sie längst.

Bilder: © Klaus-Dieter Simmen

Die 23 Mitarbeiter der Manufaktur für Kuscheltiere haben keine Angst vor großen Tieren. Das wissen besonders jene Kunden zu schätzen, die mit genau solch einem Objekt auf sich aufmerksam machen wollen. Jüngst erst bestellte eine Apotheke ein Nashorn, das künftig das Geschäft zieren wird. Besonders die Kinder werden es immer wieder bestaunen wollen. Im Museumstrakt von Schloss Ehrenstein steht ein Schaukelpferd in Lebensgröße. Das wurde im benachbarten Georgenthal gefertigt.

Und die Besucher sind ausdrücklich eingeladen, darauf herum zu turnen. Auch Erwachsene, denn es trägt eine Last bis 150 Kilogramm,

sagt der Geschäftsführer.

All die Tiere, die in Georgenthal das Licht der Spielzeugwelt erblicken, hat eine Frau kreiert – Antje Zahl. Sie ist seit mehr als drei Jahrzehnten im Betrieb, den sie heute gemeinsam mit André Simon leitet. 2020 im November hat das Duo das Familienunternehmen übernommen, nach dem Susanne Bier aus gesundheitlichen Gründen ausschied. Sie ist die Tochter von Helga und Harald Steiner, die im Oktober 1990 den in der DDR zwangsverstaatlichten Betrieb zurückkauften und umgehend mit der Herstellung hochwertiger Plüschtiere begannen. Die Geschichte der Firma Steiner reicht zurück ins Jahr 1889, gegründet als Puppenfabrik von Franz Schmidt. 1955 brannte der Betrieb aus. Trotzdem warf Harald Steiner, der Enkel des Firmengründers, die Flinte nicht ins Korn. Er wollte nun Plastikpuppen produzieren. Die DDR-Oberen verweigerten ihm das. Das Ehepaar überlegte nicht lange und schwenkte auf die Produktion von Plüschtieren um. Das erweist sich bis heute als richtiger Schritt.

So sehr Kuscheltiere aus Georgenthal gefragt sind, ganz sorgenfrei sind die Geschäftsführer nicht. Es fehlt an Fachkräften. Und selbst Mitarbeiter mit Vorkenntnissen an der Nähmaschine müssen viel lernen.

Die ganze Zeit wird auf links gearbeitet, die Einzelteile ergeben nicht notwendigerweise das Bild des fertigen Plüschtieres wider. Unsere Mitarbeiter müssen dreidimensional denken,

erklärt Simon. Doch einen Grund zur Freude gibt es auch hier. Zurzeit lernt in Georgenthal eine Auszubildende das Handwerk.

In Deutschland gibt es aktuell in unserer Branche zwei Lehrlinge, wir haben also bei uns im Haus 50 Prozent,

sagt der Geschäftsführer mit einem Augenzwinkern.

Im Werksverkauf kann die wunderbare Welt der Stofftiere bestaunt werden. Und wer möchte, dem bietet das Unternehmen auch eine Führung durch die Produktion an.

Bild oben: André Simon hinter Designerin und Geschäftsführerin Antje Zahl | © Klaus-Dieter Simmen

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