Regionalmanagement Thüringer Bogen:

Wer mit dem Zug von Erfurt aus in Richtung Bahnhof Rennsteig fährt, passiert den Halt Manebach. Der Blick fällt auf einen hübschen, kleinen Bahnhof mit Güterschuppen, gebaut 1904. Was damals so pittoresk in die Thüringer Landschaft gestellt wurde, kann der Modelleisenbahnfreund heute kaufen – den Manebacher Bahnhof gibt’s als Modell unter dem Namen „Moosbach.“ Damit wäre eigentlich schon alles gesagt, fast jedenfalls. Denn wer in Manebach aus dem Zug steigt, ist auf dem besten Wege, in die weite Welt zu reisen. Dazu braucht er nur ein paar Schritte zu gehen, die Tür zur Gaststätte aufzustoßen und schon ist er in – Peru. Jedenfalls bestimmt im März dieses südamerikanische Land das Angebot im Kulturbahnhof Manebach. Im April wird es der Iran sein, der die Gäste kulinarisch und kulturell überraschen wird. Und so nimmt Lisa Jimenez ihre Gäste Monat für Monat mit in ein anderes Land, verwöhnt sie mit lateinamerikanischer Kulinarik und öffnet neue Horizonte.

Dass die junge Frau, nach eigner Aussage Halb-Kubanerin und Vollblut-Gastronomin, im Bahnhof Manebach landete, war nicht vorauszusehen. Wohl aber, dass sie ihre Absicht Wirklichkeit werden ließ im Gastgewerbe Fuß zu fassen und dabei etwas jenseits von 08/15 auf die Beine zu stellen. Bis sie in dem kleinen Ort ankam, sammelte sie Erfahrungen in ihrem Fach und reiste viele tausend Kilometer durch die Welt. Zunächst entdeckte die aus Suhl stammende junge Frau, dass Gastronomie genau ihr Ding ist – in einem mexikanischen Restaurant in Erfurt. Sich um Gäste zu kümmern, ist für sie mehr als Arbeit. Zudem studierte die Restaurantfachfrau BWL. Dann traf sie Michael Hänsel, mit dem sie schließlich quer durch Südamerika reiste – auf dem Motorrad. Sie sog nicht nur unbekannte Kulturen auf, staunte über Offenheit und Herzlichkeit der Menschen, sondern sammelte auch Rezepte. Mehr als eintausend aus den verschiedenen Ländern hatte sie aufgezeichnet als sie nach einem Jahr wieder nach Hause kam. Und dazu den Kopf voller Ideen. Eine davon führte sie nach Manebach, wo für die 1913 im Bahnhof eröffnete Gastwirtschaft ein Pächter gesucht wurde. Als sie erstmals hier stand, so erinnert sie sich, den Blick aufs Gebäude, die Landschaft im Hintergrund, sei ihr klar gewesen: Das ist der Ort, an dem Träume wahr werden können.

Viel Herzblut und noch mehr Arbeit steckten Lisa und ihre Freunde in das Projekt, ehe am 1. August vergangenen Jahres die erste Reise in ein fremdes Land starten konnte. Diese beschränkt sich bei Lisa keineswegs auf die kulinarischen Erlebnisse auf dem Teller. Musik aus dem jeweiligen Land, Vorträge, Tänze, Trachten – der Blick aufs vermeintlich Fremde soll so umfänglich wie nur möglich sein. Und das kommt an. Neugierige Gäste wollen ihren Horizont erweitern oder vor der eignen Reise in die Ferne schon mal Erfahrungen sammeln. Aus der nur wenige Kilometer entfernten Uni-Stadt Ilmenau kommen Studenten aus verschiedenen lateinamerikanischen Ländern in den Kulturbahnhof, weil „Lisa so kocht wie zu Hause.“ Einige bleiben und verstärken das Team um die junge Gastronomin. Dass sie nächstens den Blick über den Tellerrand in Richtung Iran erweitert, gelingt durch zwei Mitarbeiterinnen, die aus diesem Land stammen.

Mittlerweile ist der Cali-Kulturbahnhof in Manebach ein Begriff für Menschen, die gern das Besondere genießen. Wenn am den Wochenenden und an Feiertagen die Südthüringenbahn Fahrgäste in Richtung Rennsteig bringt, steigt eine wachsende Zahl bereits in Manebach aus. Im Sommer gibt’s dort Jazzfrühschoppen, beispielsweise. Während die Eltern plaudern und der Musik lauschen, nutzen die Kinder die viele Spielmöglichkeiten, die Lisa Jimenez für sie bereithält. Das Bahnhofsgelände biete reichlich Platz dafür. Cali, was für Casa Lisa steht, ist ein rundes Angebot für alle Altersklassen, ist gelebte Gastfreundschaft und Weltoffenheit mitten im Thüringer Wald. Dafür bekam die Inhaberin 2024 auch den Thüringer Gründerpreis in der Kategorie Impulsgeberin.

Foto: Lisa Jimenez nimmt ihre Gäste Monat für Monat mit in ein anderes Land I Simmen