Regionalmanagement Thüringer Bogen:

Davon träumen viele: Eine Verpackungswelt ohne Plastik. Auch Tahsin Dag. Im Unterschied zu vielen anderen belässt er es nicht beim Träumen. Einstmals als Manager bei einem großen Energydrink-Hersteller beschäftigt, erlebte er, wie viel Plastik dort allein für den Transport ge- und verbraucht wurde. Dag gab den gutbezahlten Job auf, zog sich zurück in seine Garage und begann zu forschen. Getreu seinem Leitsatz, dass es immer eine Lösung gibt und alles, was vorstellbar, auch zu machen ist, setzte er am Ende dem Plastikwahn eine revolutionäre Erfindung entgegen: Faserguss-Produktion. Wobei er weit davon entfernt ist, Plastik zu verteufeln. Nur Einwegverpackungen gehören auf den Müll der Geschichte, ist er sich gewiss.

Was mit einer umweltfreundlichen Lösung für den Transport von Getränkedosen als Start-up begann, hat sich binnen kurzer Zeit zu einem weltweit agierenden Unternehmen entwickelt, nämlich der PAPACKS SALES GmbH mit Sitz in Köln. Und in Arnstadt. Was Landrätin Petra Enders besonders freut. Sie nahm zum Jahresende die Gelegenheit wahr, sich anzuschauen, was in der Produktionsstätte im Gewerbegebiet an der Bachschleife hergestellt wird. Das umweltfreundliche, aus Naturfasern, sozusagen gebackene Tablett für Getränkedosen, ist das erste Patent. Mittlerweile sind 69 weitere dazu gekommen. Einige mit anderen Unternehmen entwickelt, die meisten jedoch im eigenen Labor. Alle Patente eint das Ziel, Plastikverpackungen zu ersetzen. „Bis jetzt haben wir mehr als dreieinhalb Millionen Tonnen Einwegplastik eingespart, das heißt, stattdessen haben die Kunden auf Produkte aus Faserguss gesetzt, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden“, erzählt Tahsin Dag mit sichtlicher Freude. Und ebenso berichtet er über offene Verpackungsträger aus Naturfasern, über Inlays oder Formeinlagen aus diesem Material, über Schalen, Becher und Kapseln für die Lebensmittelindustrie. Mit Faserguss sind endlich auch die Kapseln für Kaffeemaschinen umweltfreundlich. Wer Früchte auf dem Markt zum unterwegs essen erwirbt, nascht möglicherweise bereits aus solchen, die auf der Basis von Hanf hergestellt wurden.

Das sei ein weites Feld, sagt Dag. Sein Unternehmen baut in der Ukraine auf mehreren Hektar den Rohstoff an, der nach Willen der PAPACKS SALES GmbH bald schon Fasern aus Holz ersetzen soll. „Das macht Sinn. Hanf bindet deutlich mehr CO2 als Bäume“, erklärt der Unternehmer. Perspektivisch soll in der Ukraine eine Industrie entstehen, die den Hanf verarbeitet. In Thüringen gibt es noch zu wenig Landwirte, die sich dieser Feldfrucht zuwenden. Das könnte sich mit dieser Absatzmöglichkeit ändern.

Derzeit produzieren in Arnstadt 30 Mitarbeiter die Formteile, die längst schon an namhafte Hersteller in vielen Ländern geliefert werden. Dazu gehören Melitta, Keurig & Dr. Pepper, Coty und Jumo, um nur einige wenige zu nennen. Bald schon soll die Produktionslinie in der zweiten Halle in Betrieb gehen. Dag rechnet damit, dass die Mitarbeiterzahl in Arnstadt bis Sommer auf 60 angewachsen ist und Ende 2023 beachtliche 150 beträgt. In dieser Erwartung erhielt der Neubau auch einen Sozialtrakt für die Mitarbeiter.

Weil Tahsin Dag nur allzu gut weiß, dass Nachhaltigkeit nur gemeinsam geht, hat er in Arnstadt ein ganz besonderes Projekt im Auge, nämlich einen Campus. Und damit rennt er bei Landrätin Enders offene Türen ein. Lange schon wünscht sie sich am Standort Erfurter Kreuz ein Transfercenter, allerdings stieß sie bislang bei der Landesentwicklungsgesellschaft auf taube Ohren. In absehbarer Zeit kann die PAPACKS SALES GmbH diesen Traum Wirklichkeit werden lassen. Das Gelände für den Campus, so Dag, sei bereits reserviert und werde bald schon gekauft. Auch ein Modell für das Campus-Gebäude ist bereits entworfen, samt Unterkünften für die Forscher. Hier sollen Wissenschaftler vieler Disziplinen in der Theorie Nachhaltigkeit diskutieren; im Werk gegenüber können die Thesen zugleich auf ihre Praxistauglichkeit geprüft werden. „Eine fabelhafte Idee“, zeigt sich die Landrätin des Ilm-Kreises begeistert. Wie sie überhaupt fasziniert ist von diesem Unternehmen an der Bachschleife. Deshalb verspricht sie diesem alle Hilfe, mit der der Landkreis Unterstützung geben kann. Und diese auch beim Bemühen, die Straße An den Pappeln in Papacks-Allee umzubenennen. Diese wird natürlich von Bäumen flankiert sein, selbstredend Pappeln.

Bild: Tahsin Dag setzt dem Plastikwahn eine revolutionäre Erfindung entgegen. Was genau, erklärt er beim Unternehmensbesuch Landrätin Petra Enders. | © Klaus-Dieter Simmen

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