Regionalmanagement Thüringer Bogen:
Sie sind zu acht, acht Frauen und Männer mit unterschiedlichen beruflichen Biografien. Was sie eint, ist ihr Engagement im Thüringer Bogen, in der Region des Landkreises Gotha und des Ilm-Kreises also. Und sie alle wirken auf die eine oder andere Weise eben auch weit darüber hinaus. Und das prädestiniert sie für ihr Ehrenamt als Botschafter des Thüringer Bogens. Warum sie diese Rolle übernommen haben, warum sie sich als Botschafter einer besonderen Region sehen, das erzählen sie in dieser Reihe. Heute sprechen wir mit Petra Enders, Landrätin des Ilm-Kreises.
Botschafter für Ihre Region zu sein, ist gewissermaßen in der DNA Ihres Berufes angelegt. Als Botschafterin des Thüringer Bogens werben Sie nun jedoch für zwei Landkreise.
Und das mit Freude! Denn beide Landkreise sind eine starke Region. So gesehen ist es mehr als sinnvoll, dass wir uns zu einer Wirtschaftsregion zusammenschließen. Auf diese Weise bauen wir unsere Stärken aus und können auf der anderen Seite mögliche Schwächen ausmerzen. Und dabei ist es natürlich wichtig, unsere Potenzen zu zeigen. Deshalb bin ich Bogen-Botschafterin.
Und offenbar eine Verfechterin interkommunaler Zusammenarbeit. Gebietsgrenzen spielen überhaupt keine Rolle, wenn es um wirtschaftliche Belange geht. Egal, ob es das Erfurter Kreuz betrifft oder die ökonomisch starken Städte und Gemeinden im Thüringer Bogen – Kirchturmpolitik verhindert überall Entwicklung. Wer vorankommen will, muss grenzübergreifend agieren.
Die beiden Landkreise arbeiten nicht nur wirtschaftlich zusammen, es soll bald auch eine gemeinsame Rettungsleitstelle geben. So ganz glücklich sind Sie damit nicht, oder?
Natürlich befördere ich dieses Vorhaben, weil ich es für wichtig halte. Der Zweckverband, den wir über die Kreisgrenzen hinweg gegründet haben, steht für eine kluge Entscheidung. Ich frage mich nur, ob deshalb in Schwabhausen ein großer Neubau entstehen muss, der viele Millionen Euro kosten würde, oder ob es nicht sinnvoller wäre, eine Rettungsleitstelle 4.0 aus der Taufe zu heben. Also ein Gebilde, das die digitalen Möglichkeiten umfassend ausschöpft. Die Menschen profitieren davon, wenn wir in diesem Zweckverband gemeinsam arbeiten. Digitalisierung ermöglicht uns jedoch, auf den Leitstellenneubau zu verzichten und damit Geld zu sparen, das andernorts besser eingesetzt werden kann, wenn wir uns digital miteinander verknüpfen.
In beiden Landkreisen wachsen die Gewerbegebiete. Welche Herausforderungen stellt das an die Kommunalpolitik?
Nehmen wir das Industriegebiet Erfurter Kreuz. Das ist das größte in Thüringen. Damit hat es nicht nur Bedeutung für unsere Wirtschaftsregion, sondern für den gesamten Freistaat. Wir als Kommunalpolitiker sind verpflichtet – mit Unterstützung durch das Land Thüringen – für die weichen Standortfaktoren zu sorgen, die Infrastruktur so zu gestalten, dass sie der wirtschaftlichen Entwicklung nicht hinterherhinkt. Wir müssen unsere Region so attraktiv gestalten, dass sie interessant ist und dauerhaft bleibt, auch für den Zuzug neuer Arbeitskräfte. Dazu gehört eine moderne funktionelle Schullandschaft ebenso wie ein Angebot preiswerter und hochwertiger Wohnungen, dazu gehört Bauland. Für letzteres haben wir ein Siedlungskonzept gemeinsam mit dem Landkreis Gotha und der Landeshauptstadt Erfurt erstellt. Ziel war zu untersuchen, was wir noch an Kapazitäten, an Möglichkeiten haben. Moderne, interessante Arbeitsplätze anzubieten, ist die eine Seite. Auf der anderen Seite erwarten die Bürger einen funktionierenden Personennahverkehr, gute ärztliche Betreuung, Kulturangebote oder Naherholungsmöglichkeiten. Wenn wir uns umfassend attraktiv für Zuzug zeigen wollen, müssen wir den Bürgern ein Rundum-Sorglospaket bieten.
Können das die Landkreise und die Kommunen allein stemmen?
Ich sage es mal so: Die Entwicklung des Industriegebietes Erfurter Kreuz ist für ganz Thüringen wichtig. Deshalb muss der Freistaat gemeinsam mit den Kommunen dafür sorgen, dass die weichen Standortfaktoren stimmen. Das Land sehe ich dabei in der Pflicht, uns in die Lage zu versetzen, all diese Aufgaben zu erfüllen. Wenn der Wirtschaftsminister zum Spatenstich kommt, ist das eine feine Sache. Damit ist es aber nicht getan, denn damit fängt unsere Arbeit erst an. Ichtershausen braucht dringend Investitionen im Schulbereich. Der Ilm-Kreis hat im vergangenen Jahr die Aula und den Schulhof der Regelschule „Wilhelm Hey“ saniert. Darüber hinaus stehen weitere Investitionen an. Dafür haben wir Fördermittel vom Land Thüringen beantragt, die bislang nicht bewilligt wurden. Deshalb rege ich die Schaffung eines ‚Infrastrukturfonds zur Entwicklung des Industriegebietes Erfurter Kreuz‘ durch das Land an, der es ermöglicht, schnell in die Umsetzung von Straßen- und Fahrradwegebaumaßnahmen sowie Schaffung von Kindergartenplätzen und notwendigen Schulbaumaßnahmen zu kommen.
Auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin präsentierte sich der Thüringer Bogen. Erfolgreich?
Sehr erfolgreich. Wir haben viele regionale Produkte, die es wert sind, auf der Messe gezeigt zu werden. Der Rosenhof aus Holzhausen stellte in Berlin seine Erzeugnisse vor, die Tonwaren-Manufaktur Zwergstatt aus Gräfenroda war mit dabei. Olitäten aus dem Thüringer Wald warben am Stand des Thüringer Bogens für Naturprodukte. Der Landkreis Gotha war ebenfalls mit interessanten Produkten vertreten, die das Handwerk, die Tradition und unser Kulturgut repräsentieren. Ein Konzept also, das überzeugte.
Welche Erwartungen setzen Sie in den Thüringer Bogen für dieses Jahr?
Bei meinen Unternehmensbesuchen in technologieorientierten Betrieben, egal ob im Erfurter Kreuz oder in Ilmenau, wird immer wieder der Wunsch nach einem Transferzentrum geäußert. Dort können die Firmen ihre Produkte präsentieren, dort müssen aber auch Tagungsräume zur Verfügung stehen. Wissenschaft, Technik und Wirtschaft müssen miteinander verknüpft werden, wollen wir unsere Region weiter stärken. Das alles kann ein Transferzentrum als Aushängeschild und Schaufenster der Region leisten. Und als solches sollte es schon architektonisch ein Blickfang sein. Ich bin fest davon überzeugt: Ein Transferzentrum brauchen wir dringend.
Was verhindert die Umsetzung?
Eine Studie ist erstellt, die einen guten Leitfaden für die Realisierung gibt. Was noch fehlt, ist die nötige Unterstützung des Landes. Dort muss das Transferzentrum als gleichwertig zur Ansiedlung neuer Industrie betrachtet werden. Und das, so glaube ich, hat man noch nicht erkannt.
Bild: Landrätin Petra Enders bei einem Unternehmensbesuch im Thüringer Bogen. | © Klaus-Dieter Simmen
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