Regionalmanagement Thüringer Bogen:
Dieses Jahr klingelte sogar schon im Februar ein Pilzsammler bei Familie Nußbicker in Friedrichroda, im Gepäck einen Baumpilz, über den er Näheres wissen wollte. Christina und Klaus Nußbicker sind Pilzberater. „Anfang des Jahres werden uns die Frühlingspilze vorgelegt. Im Hochsommer dann kommen kaum Sammler, um ihre Ausbeute begutachten zu lassen, weil nichts lohnenswertes wächst.“ Letzteres stimme allerdings nicht für dieses Jahr, betont der Pilzsachverständige. Ein feuchtes Frühjahr, dann Wärme und immer wieder Regenwetter sorgten schon früh für eine Pilzschwemme. Das brachte Heerscharen von Sammlern auf die Beine, die durch Thüringens Wälder streiften.
Die Nußbickers selbst waren in diesem Jahr nur einmal mit ihren Pilzkörben unterwegs. „Etwa eine Stunde“, sagt der Fachmann, „dann waren zwei Spankörbe mit Steinpilzen voll.“ Derzeit kommen etliche Sammler zur Beratung. „Das Jahr lässt nicht nur Steinpilze in Massen wachsen, sondern auch Gallenröhrlinge. Davon sind manchmal die Körbe voll. Wenn wir diesen bitteren Pilz aussortiert haben, bleibt kaum noch was im Korb.“ Der Gallenröhrling ist leicht mit dem verwandten Steinpilz zu verwechseln. Junge Pilze dieser ungenießbaren Art haben ebenfalls weiße Röhren und Poren, erst später nehmen die Röhren eine rosa Färbung an. Allerdings ist der Stil ocker-gelblich mit einer dunklen Netzzeichnung, wobei hingegen der Steinpilz oft am oberen Stielende ein weißes Stielnetz zeigt.
Es gibt auch Sammler, die schneiden ab, was ihnen im Wald im Weg steht. „Neulich kam jemand mit einem Korb, in dem gleich 25 weiße Trichterlinge lagen. Die sind giftig, also raus damit“, sagt Klaus Nußbicker. Geblieben seien ein paar Pfifferlinge und zwei kleine Steinpilze. „Es geht auch anders“, weiß Christine Nußbicker, „eine junge Familie aus Friedrichroda kam immer mit einem neuen Pilz im Korb zu uns. Wir haben ihn bestimmt und den beiden etwas über diese Art erzählt. Das hat das Paar über Jahre hinaus so gehalten und dabei eine Menge Wissen über Pilze erworben.“ Doch nicht nur auf diese Weise und bei diversen Pilzwanderungen geben sie ihr Wissen weiter. Nußbickers hielten auch Kurse an der Volkshochschule in Gotha. „Da konnten wir prima Theorie und Praxis miteinander verbinden!“ Leider kamen dann keine neuen Kurse mehr zustande. „Schade“, findet Christina Nußbicker. „Kürzlich hat sich jemand von der Volkshochschule gemeldet und gefragt, ob wir unser Programm wieder aufleben lassen würden. Wir haben zugesagt, dann jedoch nichts mehr gehört, leider.“
Im vorigen Jahr haben die beiden Pilzsachverständigen 100 Pilzsammlern die Gewissheit gegeben, dass ihre Ausbeute bedenkenlos gegessen werden kann. Wie viel es diesmal werden, ist noch nicht abzuschätzen. In wenigen Wochen, am 6. Oktober, führen die Nußbickers wieder ihre Pilzwanderung durch. Anmeldungen dazu bei der Kurverwaltung in Friedrichroda. Eine Woche später bereichern sie das Kürbisse-Glühen in der Stadt mit der traditionellen Pilzausstellung. „Da zeigen wir 40 bis 60 Arten. Und alles übrigens echte Pilze. Das wird manchmal bezweifelt, doch kann die Skepsis durchs Anfassen ausgeräumt werden“, erklärt Klaus Nußbicker. Vor einigen Jahren, nach einem extrem trockenen Sommer, hatten die Pilzexperten Sorge, nicht genügend Exemplare für die Ausstellung zu haben. „Wir haben dann Kontakt zu einem Speisepilzzüchter aufgenommen, der Pilzmännchen GbR in der Nähe von Bautzen, die uns eine große Auswahl an Zuchtpilzen für die Ausstellung geschickt haben.“ Nötig wäre die Ergänzung nicht gewesen, weil der Wald wider erwarten doch genügend Pilzarten lieferte. „Die Zuchtpilze allerdings fanden reges Interesse.“
Welche Pilze kommen bei den Fachleuten am liebsten auf den Teller? Christina Nußbicker bevorzugt Pfifferlinge, mit Pasta oder auch Rührei. Ihr Mann hingegen setzt auf die klassischen Pilze wie Steinpilz oder Marone oder Perlpilz. Doch um welche Arten es sich auch handelt, es sollte nur in die Pfanne kommen, was auch wirklich essbar ist, betonen sie. Dafür schauen sich die Pilzsachverständigen die gesammelten Exemplare gern an. Allerdings gibt es bei den Nußbickers keine telefonische Beratung. Und auch von der Nutzung einer Pilzbestimmungs-App raten sie ab.
Wissenwertes zum Zunderschwamm
Bild: Pilze landen nicht nur in der Pfanne, sie können auch, wie der Zunderschwamm, bearbeitet werden, so dass daraus ein lederähnliches Material entsteht. Daraus können dann Mützen oder Handyhüllen gefertigt werden, die Familie Nußbicker zeigt. | © Klaus-Dieter Simmen