Regionalmanagement Thüringer Bogen:
Im Zeitraum von Oktober 2024 bis April 2025 lernen Schülerinnen und Schüler der 9. Klassen aus drei verschiedenen Schulen im Ilm-Kreis Unternehmen aus der Region im Rahmen von Praxistagen – einem Angebot von SCHULEWIRTSCHAFT Ilm-Kreis – kennen. Dabei sind sie einmal pro Woche im ausgewählten Ausbildungsbetrieb. Seinen Anfang nahm das Ganze in einem Speed-Dating im August, als die Nachwuchsfachkräfte und die Unternehmen erstmals aufeinandertrafen. Wir schauen in dieser Serie, ob da für den einen oder anderen vielleicht der passende Traumberuf dabei ist.
Richard Zwoll möchte Glasbläser werden …
Die Sonnenbrille auf der Nase, sitzt Richard Zwoll an dem Arbeitsplatz, der möglicherweise einmal seiner werden kann. Der Neuntklässler blickt zu Thomas Kühner und fragt: „Spitze Flamme?“ Der Mann, der sich in der Glasbläserei Schmidt in Ilmenau um die Lehrausbildung kümmert, nickt kurz. Also greift der Schüler zum Glasrohr, hält es in die Flamme, bis der Werkstoff schmilzt, um dann vorsichtig und unter ständigem Drehen am Ende einen gläsernen Kolben zu blasen. Und das gelingt ihm bereits ganz gut. „Es ist halt gar nicht so einfach, gleichzeitig zu drehen und dann das Werkstück noch anderweitig zu bearbeiten. Richard zeigt sich jedoch talentiert“, sagt Kühner.
Zwoll ist einer von rund 90 Schülern aus dem Ilm-Kreis, denen die Möglichkeit gegeben ist, sich am Praxistag in einem Betrieb umzusehen. Das Projekt, an dessen Verwirklichung zahlreiche Partner gearbeitet haben, ermöglicht einen Blick in die Praxis. Immer donnerstags tauschen Schüler der neunten Klassen die Schulbank mit einem Arbeitstag. Gestartet wurde das Projekt im Oktober. Die erste Runde endet am 23. Januar. Dann haben die Neuntklässler aus der Gemeinschaftsschule Großbreitenbach, der Regelschule Gräfinau-Angstedt und der Regelschule „Wilhelm Hey“ Ichtershausen Gelegenheit, sich bis Ende April in anderen Betrieben umzusehen. Davon machen viele Gebrauch, Richard Zwoll allerdings nicht. Er will in der Firma Schmidt bleiben, um mehr noch über seinen Wunschberuf zu lernen.
… und das am liebsten hier in Ilmenau
Und er ist sich heute schon sicher: Erlernen will er den Beruf auf alle Fälle. „Und, wenn ich angenommen werde, dann hier bei Schmidt“, sagt er. Denn im Unternehmen kennt er mittlerweile die Kollegen, mag das Betriebsklima und weiß, welche anspruchsvollen Aufgaben ihn erwarten. Denn im Familienbetrieb entstehen mannigfaltige Laborgeräte. Was die Glasbläser an ihren Arbeitsplätzen im Unternehmen fertigen, sind hochkomplizierte Gebilde aus Glas – angefertigt nach Zeichnungen. „Die Toleranz, die uns dabei ein geräumt ist, beträgt nur wenige Millimeter“, sagt Firmengründer Hans-Günther Schmidt. Er wagte im Juli 1990 den Schritt in die Selbständigkeit. Im Jahr 2016 übernahm sein Sohn Tobias die Geschicke. Die Ilmenauer fertigen bis 3000 verschiedene gläserne Laborgeräte. Ausgeliefert werden sie in ganz Deutschland, aber auch in Europa.
Das alles weiß der Neuntklässler und zeigt sich begierig, dieses Handwerk zu erlernen. Deswegen gab es für ihn auch keine andere Option, als sich für den Praxistag eine Glasbläserwerkstatt aufzusuchen. Gänzlich unbelastet kam Richard nicht in die Firma Schmidt. „Schon bei einem früheren Praktikum habe ich mich bei einem Glasbläser über den Beruf informiert“, sagt der Jugendliche. Sein Interesse für dieses Handwerk hat familiäre Wurzeln. Sein Urgroßvater war Glasbläser. “Der hat zwar mich kennengelernt, ich habe ihn allerdings nicht mehr in Erinnerung. Er starb als ich zwei Jahre alt war.“ Trotzdem hat der Mann im Urenkel einen Keim gelegt.
Die Praxistage bieten eine prima Möglichkeit, Berufsbilder kennenzulernen
Thomas Kühner findet die Möglichkeit prima, sich in Rahmen der Praxistage über die verschiedenen Berufsbilder zu informieren. Neben Zwoll hatten sich zwei andere Schüler für einen Einsatz beim Laborglashersteller interessiert. „Jedoch hatte sich Richard so schnell entschieden, dass sich die anderen anderweitig umsehen mussten.“ Der Praxistag stellt ans Unternehmen besondere Herausforderungen. Der Schüler braucht viel Aufmerksamkeit, schließlich soll er einen umfassenden Überblick über den Beruf erhalten. „Wenn sich die Mühe dann lohnt“, sagt Kühner, „wenn man sieht, der Praktikant interessiert sich, ist wissbegierig, dann war unser Engagement nicht umsonst.“ Und wenn der sich am Ende dafür entscheidet, im Unternehmen eine Ausbildung zu starten, ist das optimale Ergebnis erreicht.
Foto: Praxistage in der Glasbläserei Schmidt. | © Simmen