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Am 22. November 1959 flimmerte er erstmals über den Bildschirm. Pünktlich fünf Minuten vor 19 Uhr schickte sich der kleine Kerl erstmals an, die jüngsten Fernsehzuschauer ins Bett zu schicken. Immerhin waren in jenem Jahr bereits 300.000 Fernsehgeräte in der DDR angemeldet. Der Sandmann wurde auf Anhieb zum Fernsehstar – und ist es heute noch. Wer ihn und sein Gefolge innig liebte, alles tat, um nicht ohne Abendgruß ins Bettchen geschickt zu werden, hat den Zipfelmützenträger noch heute ins Herz geschlossen. Das zeigt auch die aktuelle Sonderausstellung auf Schloss Tenneberg in Waltershausen. „Unser Sandmännchen – die Kultfigur als Spielzeug“ kann in aller Vielfalt seit 17. April in den ehrwürdigen Mauern des Schlosses bestaunt werden – bis zum 18. Oktober.
„Die Sonderausstellung hat uns schon viele Besucher beschert“, freut sich Museumsleiter Mike Reimann. Es wird nicht nur die Geschichte dieses immer noch aktuellen TV-Superstars erzählt, sondern, wie der Ausstellungstitel verspricht, dessen Entwicklung als Spielfigur. Mithin sei der Sandmann eine Puppe und bekomme mit Fug und Recht den Raum im Waltershäuser Museum, sagt Reimann. Dessen Kontakt zu Heidrun Wilkening machte es möglich, dass nach Sonneberg die weit über 100 Sandmann-Puppen auf Schloss Tenneberg erneut in Thüringen ausgestellt werden. Wilkening lebt in Köln. Die Film- und Fernsehwissenschaftlerin hat bereits zum 50. Geburtstag des Sandmännchens das Gestalterteam der Jubiläumsausstellung beraten. Das war 2009. Zwei Jahre später übernahm sie die Exponate des Sandmann-Sammlers Gerhard Wilski und arbeitete diese auf.
Die Figur mit Zipfelmütze und weißem Bart zeigt sich in seiner Entwicklung Junggeblieben und auch ein bisschen spitzbübisch. Das mag einer der Gründe sein, weshalb der Sandmann nicht allein aufs Fernsehen beschränkt blieb. Die Kinder wollten ihn als Spielfigur besitzen. Darauf reagierten die Spielwarenhersteller, auch die im Gothaer Land. Die Waltershäuser Produzent Seyfarth & Reinhardt sowie Artur und Gunter Backhaus stellten ab 1964 Sandmännchen-Puppen her, ebenso die Spielwarengenossenschaft in Gotha. Diese und weitere Produzenten sind mit ihren Erzeugnissen in der Sonderschau vertreten.
Es dauerte nur wenige Jahre, da waren sich die Verantwortlichen beim DDR-Fernsehen des Markenwerts ihrer Figur bewusst. Ab 1962 hatten sie ein Auge auf die Herstellung der Sandmann-Puppe. Der VEB Puppenfabrik Waltershausen schloss mit dem Fernsehen bereits in jenem Jahr erste Verträge. Welche Auswirkungen das hatte, erfährt der Besucher, ebenso, wie sich die Verstaatlichung vieler Privatunternehmen 1972 auf die Puppenproduktion auswirkte. Die Neue Berliner Illustrierte (NBI) widmete 1966 seine Titelseite dem Sandmann, was als weiterer Beweis zu sehen ist, wie wichtig die Figur geworden war.
Die Informationen für den Besucher sind vielfältig, ohne überfrachtet zu sein. Im Vordergrund steht de Sandmann in all seiner Vielfalt. Und da haben die Gestalter ihren Pferdchen Zucker gegeben. Unverkennbar haben sie immer den Sandmann geschaffen, doch sind die Ergebnisse unterschiedlicher als vermutbar. Das auf engem Raum bestaunen zu können, ist das große Verdienst dieser Sonderschau.
Gegenwärtig strickt Museumschef Reimann an einer Veranstaltung, die im Herbst, am 25. Oktober, Besucher auf den Tenneberg locken soll. Am Gruseltag wollen möglichst viele Akteure ausgelassen mit Entsetzen fröhlichen Scherz treiben. Ideen hat der Organisator viele. So soll unter anderem eine Designerin zu Gast sein, die wahrhaft gruselige Puppen entwirft. Davon hat sogar schon Hollywood profitiert. Bereits jetzt kann man sich eine Vorstellung von ihrer Arbeit machen. Aus ihrer Werkstatt stammt die Weiße Frau von Schloss Tenneberg, die im Kassenbereich die Besucher begrüßt.
Foto: Viele Sandmann-Figuren sind ausgestellt | © Simmen