Regionalmanagement Thüringer Bogen:

Marcel Andreß ist Anfang 30 und kann bereits auf eine überzeugende Karriere in der Gothaer Kommunalpolitik blicken. Mit 18 Jahren trat er der SPD bei, im gleichen Jahr übernahm er dort bereits Verantwortung im Vorstand. 2014 bewarb er sich um einen Sitz im Stadtrat und wurde auch gewählt. Weil jedoch ein geplanter Arbeitsplatzwechsel scheiterte und er weiterhin im Rathaus beschäftigt war, musste er laut Kommunalordnung auf das Amt verzichten. Im nächsten Anlauf 2019 bekam Andreß erneut die nötige Stimmenzahl. Gegenwärtig ist er Fraktionschef der SPD/FDP-Fraktion im Stadtrat. Doch nicht nur auf dieser Ebene setzt sich Marcel Andreß für seine Heimatstadt ein.

Sie sind kürzlich aus Pforzheim von der Sitzung des Deutsch-Polnischen Ausschusses als einer der neugewählten Stellvertreter von Vorsitzenden Stefan Löwl zurückgekehrt. Was ist das für ein Ausschuss?

Vor zwei Jahren im April haben die Stadträte beschlossen, dass Gotha im Rahmen seiner Mitgliedschaft im Deutschen Städtetag der Deutschen Sektion des Rates der Gemeinden und Regionen Europas beitritt. Bestandteil dort ist der Arbeit in Ausschüssen. Und als ein Vertreter aus dem Stadtrat für den Deutsch-Polnischen Ausschuss gesucht wurde, habe ich mich zur Wahl gestellt.

Für die Mitgliedschaft dort bedurfte es einer Wahl?

Eine Formalie, ich war der einzige Kandidat.

Was bringt eine Mitgliedschaft der Stadt?

Nun, das Leitbild formuliert, dass im Ausschuss der Austausch zwischen Kommunen in Deutschland und in Polen befördert wird. Beide Länder stehen vor ähnlichen Herausforderungen. Die Erfahrungen, die in den einzelnen Kommunen gemacht wurden, werden ausgetauscht. Und auf dieser Grundlage werden gemeinsam Lösungsansätze erarbeitet. Dabei geht es um Themen der Daseinsfürsorge, um Umweltschutz, um Kommunalwirtschaft und die Modernisierung der Verwaltung. Mit Kielce haben wir eine polnische Partnerstadt. Die Arbeit in diesem Ausschuss wirkt sich auch positiv darauf aus.

Wie oft treffen sich die Mitglieder?

In der Regel kommen wir zweimal jährlich zusammen. Zusätzlich finden in unregelmäßigen Abständen deutsch-polnische Regionalkonferenzen in beiden Ländern statt.

Findet sich stets der gleiche Kreis zusammen?

Nein, wir wollen doch praxisnahe Lösungen erreichen, deshalb laden wir Gäste ein. Etwa Vertreter vom Deutsch-Polnischen Jugendwerk, den Außenhandelskammern und dem Deutschen Verein für öffentlich und private Fürsorge.

Gibt es einen besonderen Grund, weshalb Sie sich gerade für den Deutsch-Polnischen Ausschuss entschieden haben?

Das Nachbarland fasziniert mich. Ich bin viel durch Polen gereist und finde immer wieder lohnende Ziele. Die Menschen sind aufgeschlossen und gastfreundlich. Ich finde, auch wenn der zweite Weltkrieg mehr als acht Jahrzehnte zurückliegt, haben wir immer noch etwas gut zu machen. Für mich bedeutet das in erster Linie, persönliche Freundschaften zu pflegen, aber auch auf politischer Ebene Gemeinsamkeiten zu befördern.

Kürzlich erst waren Sie in Belgien unterwegs. Mit welchem Ziel?

Na ja, das war zum großen Teilen eine private Reise. Im belgischen Sint-Niklaas fand das 18. Internationale Fahnenschwinger-Treffen statt. 2017 war Gotha dafür Gastgeber und mir oblag die Organisation. Ich habe seinerzeit viele Freunde gewonnen und diese jetzt in Belgien wiedergetroffen. Andererseits: Wer weiß schon, ob die Residenzstadt in naher Zukunft Gastgeber für ein weiteres Fahnenschwinger-Treffen sein wird.

Welche Rolle spielt für Sie der Europäische Gedanke?

Eine große Rolle. Alles, was Europa betrifft, also das vereinte Europa, fasziniert und interessiert mich. Und für mich ist Folklore das Bindeglied. Das hat nicht nur damit zu tun, dass ich im Deutschen
Europeade-Komitee aktiv bin. Folklore ist regional und zugleich grenzübergreifend. Auf den unterschiedlichen Veranstaltungen habe ich viele Menschen kennengelernt, zu denen ich über die Jahre Kontakt halte. Daraus erwachsen Verbindungen, die auch Früchte für die Kommunen tragen.

Bereits als Schüler haben Sie sich für kommunalpolitische Themen interessiert.

Ja, bei mir hat der Sozialkundeunterricht Früchte getragen. Das Thema hat mich so interessiert, dass ich zu Schulzeiten schon als Gast die Stadtratssitzungen verfolgt habe. Wenn ich fehlte, war ich entweder krank oder im Urlaub.

Das hat auch Ihren Berufswunsch beeinflusst?

Ich wollte im Öffentlichen Dienst arbeiten und habe deshalb eine Ausbildung zum Verwaltungswirt absolviert.

Bild: Der Vorsitzende des Deutsch-Polnischen Ausschusses ist Stefan Löw (Landrat Kreis Dachau, Bildmitte). Seine neugewählten Stellvertreter sind Frank Boss (rechts) und Dr. Sunita Vimal und Angela Stein-Ulrich sowie der Gothaer Marcel Andreß (links). | © Klaus-Dieter Simmen

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