Regionalmanagement Thüringer Bogen:
Wie der Aschenbergstein trägt nun auch der Hirschstein oberhalb des Lauchagrundes ein Gipfelkreuz. Das sei überfällig gewesen, sagt David Ortmann, Bürgermeister von Bad Tabarz. Gestaltet hat es Schmiedemeister Siegfried Pietzik aus Waltershausen, ausgewiesener Spezialist für Metallverarbeitung. „Fraglos ein interessanter Auftrag“, sagt der Handwerksmeister, „der uns nicht alle Tage ins Haus kommt.“ Wobei, von der Stange gibt’s im Betrieb am Fröttstädter Weg, der Schmiede und Bauschlosserei verbindet, ohnehin nichts. Was dort hergestellt wird, trägt Maße, die sich aller Standardisierung verweigern.
Das sorgt für vielfältige Erfahrungen und doch stellte das Gipfelkreuz Pietzik vor Herausforderungen. „Der Auftraggeber wollte eine Rundung sehen, das war Bedingung, ansonsten hieß es: Lasst Euch was einfallen.“ Das tat der Schmiedemeister; herausgekommen ist ein Gipfelkreuz, das für Besucher einen reizvollen Durchblick auf den Inselsberg bereithält und sich in die Landschaft einpasst. Neben der Gestaltung forderte seine Befestigung im Fels das Team. „Gemeinsam mit Dieter Hellmann, dem Bad Tabarzer Wegewart, haben wir das gemeistert“, sagt der Schmiedemeister.

Das Gipfelkreuz | © Siegfried Pietzek
Hauptsächlich erledigt Pietzik Aufträge von Privat. In seinem Unternehmen baut er Treppen und Tore, Metallzäune in Kombination mit und ohne Holz, alle von Hand vermessen und auf die jeweilige Situation zugeschnitten. „Deshalb unterscheiden sich unsere Arbeitstage in den Anforderungen, auch wenn wir aufeinanderfolgend beispielsweise Tore herstellen“, sagt der Meister. Er hat den Handwerksbetrieb von seinem Vater übernommen. Das war Ende der 80er Jahre. In Waltershausen gegründet hat der Großvater die Schmiede. Wie lange die Familie tatsächlich bereits an Schmiedefeuer und Amboss steht, kann Siegfried Pietzik nicht wirklich sagen. „Schon in Schlesien waren meine Vorfahren Schmiede, bevor sie mit Ende des Zweiten Weltkrieges aus ihrer Heimat vertrieben wurden.“ Als die Familie in Waltershausen eine neue Heimat fand und sich die Gelegenheit bot hier diese Tradition fortzuführen, griff der Großvater ohne Zögern zu.
Siegfried Pietziks Vater war noch als Hufschmied tätig. So kümmerte er sich unter anderem um die Pferde des damaligen Reitsportvereins in Tabarz. Diesen Zweig seines Handwerks hat der Sohn an den berühmten Nagel gehängt. „Ich konzentriere mich hauptsächlich auf die Bauschlosserei“, beschreibt er sein Profil. Doch hier setzt gelegentlich das Wetter eine Zäsur. Ausgesprochenes Mistwetter zwingt gelegentlich die Handwerker zur Untätigkeit in der Bauschlosserei. Solche Tage sind Schmied Pietzik und seinem Mitarbeiter Riccardo Creutzburg äußerst willkommen. Letzterer gehört schon seit 30 Jahren zum Team. Dann heizen die beiden das Schmiedefeuer an und widmen sich einer der ursprünglichsten Künste dieses Handwerks – sie fertigen im Feuer Messer. Nicht irgendwelche, sondern gediegene Messer aus feinstem Damaszener Stahl. Und diese schmiedet das Duo in bester Tradition.
„Wir fertigen unsere Messer aus Mangan- und aus Nickelstahl. Wobei ersterer den größeren Anteil ausmacht“, sagt Siegfried Pietzik. In sorgsamer Arbeit werden die Lagen gefaltet und immer wieder gefaltet. Was ebenso industriell funktioniert, entsteht in der Schmiede in Waltershausen noch auf althergebrachte Weise auf dem Amboss. Am Ende des Prozesses stehen dekorative Messer mit wunderschöne gemusterten Klingen. „Eigentlich eher Dekorationsobjekte, die andererseits extrem scharf sind und durchaus den Anforderungen in der anspruchsvollen Küche genügen“, sagt der Schmiedemeister.

Eines der Messer | © Simmen
Selbst wenn sich lange schon kein Lehrling in die Werkstatt verirrt hat, gibt er die Faszination seines Handwerks an Kinder und Jugendliche weiter. Wann immer die Mitglieder vom Mittelalterverein Authentica Castrum Walinvels in Tambach-Dietharz öffentlich auftreten, ist auch der Waltershäuser Schmied Pietzik dabei und baut seine Schmiede auf. Gemeinsam mit den kleinen Besuchern lässt er im Feuer historische Gewandfibeln und Gürtelschmuck entstehen. Und wer weiß, vielleicht ist ja darunter einer, der Geschmack an diesem alten Handwerk findet …
Titelbild: Siegfried Pietzik | © Simmen