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Judith Zierfuß ist selbständige Kosmetikerin. Und sie ist Sprecherin, ebenfalls selbständig. Als solche hat sich die Wandersleberin entschlossen Hörbücher einzulesen, um jungen und wenig bekannten Autoren die Chance zu geben, auf dem stetig wachsenden Markt Fuß zu fassen. Das ist eine Idee. Eine weitere kam der Unternehmerin quasi so nebenbei. Sie fand, dass Websites enorm an Qualität gewinnen, wenn über Audiodateien Kunden direkt angesprochen werden. Um das bekannt zu machen, gestaltete die Frau mit einem Webdesigner ihre Website fürs Kosmetikstudio neu, die erste Audio-Website entstand in ihrem kleinen Tonstudio. Und die erregte gleich Aufsehen. Die Schwester wollte ebenfalls eine Website mit Sprache, weitere Unternehmer meldeten Interesse an. Damit war eine Idee geboren, von der Judith Zierfuß felsenfest überzeugt ist, dass sie in den kommenden Jahren die Welt erobern wird.
Als Kosmetikerin wurde sie während der Corona-Pandemie beruflich auf null gesetzt. Dass sie überleben konnte, ihre Miete fürs das kleine Studio bezahlen, dankte sie den finanziellen Hilfen aus der Staatskasse. Was sie jedoch nachhaltig beschäftigt, ist die Untätigkeit, zu der sie über Nacht verdonnert war. Und sie suchte nach einem zweiten Standbein, einem, das sich als tauglich erweist im Fall einer erneuten Pandemie. Da ihr immer wieder bescheinigt wird, dass sie eine sehr angenehme Stimme hat, dass ihr Timbre beruhigend wirkt, entschloss sie sich, dieses Kapital zu entwickeln und entschied sich für eine Sprecherausbildung. Mit dem Ansinnen Hörbücher zu sprechen. Dann erkannte Judith Zierfuß, dass Audio-Websites das lukrativere Geschäftsmodell sind. Einsteiger wie sie haben keine Chance Werke von Bestsellerautoren zu lesen.
„Andererseits eröffnen die kleinen Sprecher jungen, unbekannten Autoren die Welt der Hörbücher“, sagt sie. So wie im Fall von „Wiesengeflüster“, dem bislang einzigen Hörbuch, dass die Wandersleberin eingelesen hat. Die Autorin, Katja Ritter, kommt ebenfalls aus dem Dorf nahe der Burg Gleichen und hat Geschichten über Kräuter aufgeschrieben. Mit viel Phantasie lässt das Duo den Hörer in die eigne Welt von Löwenzahn und Gundermann eintauchen. Die Sprecherin musste sich eingestehen, dass der Versuch, einen Roman einzulesen, sie an ihre Grenzen brachte. „Da ist mein Kosmetikstudio, da sind andere Verpflichtungen, so dass ich gar nicht in der Lage bin, die erforderliche Zeit vor dem Mikrofon zu verbringen.“ Und die, sag sie, sei nötig, wenn es um einen Roman geht.
Die Texte, die für eine Audio-Website in mp3 umgewandelt werden, sind demgegenüber kurz. Allerdings tun sich da andre Problemfelder auf. „Nicht für jedes Thema oder Produkt ist meine Stimme geeignet“, erzählt Judith. Also bin ich auf Hilfe weiterer Sprecher angewiesen. Deshalb hat sie ihre Idee in der Sprechergemeinschaft vorgestellt und die Kollegen ausdrücklich eingeladen, sich an deren Verwirklichung zu beteiligen. Momentan arbeitet sie selbst an sechs Websites, auf denen das gesprochene Wort überwiegen soll. „Wer das freilich nicht hören will, kann immer noch die Informationen lesen. Gesprochene Texte jedoch, davon ist sie überzeugt, werden bei vielen Nutzern Vorrang haben und nachhaltig in Erinnerung bleiben. Dabei weiß sie, so innovativ ihr Konzept der Audiowebsite ist – fertig ist es noch lange nicht. Da brauchts die Interaktion mit Unternehmern und mit den Website-Designern.
Aus diesem Grunde ist Zierfuß Mitglied in etlichen Unternehmernetzwerken, wo sie einerseits ihre Idee vorstellen kann und gleichzeitig ausloten, was ankommt, was verändert werden muss und wo Schwachpunkte gesehen werden. „Und da erfahre ich viele Rückmeldungen, bekomme viele Vorschläge.“ Was heute noch in den Kinderschuhen steckt, wird in wenigen Jahren schon Standard sein, davon ist sie felsenfest überzeugt. Und sie kann das auch begründen: Für die Sprecher öffnet sich ein neues Betätigungsfeld; mit Audio-Texten werden Websites ein für Sehgeschädigte barrierefrei; auf mobilen Geräten erweist sich Hören vorteilhaft gegenüber geringer Schriftgröße; wer Schwierigkeiten hat, Texte beim Lesen inhaltlich zu erfassen, wird sich freuen, einen Audiobutton drücken zu können.
Foto: Judith Zierfuß in ihrem Tonstudio | © Simmen