Regionalmanagement Thüringer Bogen:
Zum Frieden Gottes. Mit diesem Namen wurde Ende Oktober 1720 die Kirche zu Ellichleben geweiht. Johann Daniel Schulz aus Milbitz baute 1776 eine neue Orgel ein, ein Schmuckstück mit einem eindrucksvollen barocken Orgelprospekt. Bis 1955 erfüllte ihr Klang das Gotteshaus. Danach blieb das Instrument für Jahrzehnte stumm. Kantorin Beate Friedrich nahm 1995 das Instrument in Augenschein. Was sie sah, war erschreckend: die Pfeifen im desolaten Zustand, der Motor fürs Gebläse fehlte gänzlich, Pedalklaviatur und Orgelbank entfernt und beiseitegestellt. „Ein Bild des Jammers“, sagt Susanne Zwiebler. Sie gehört zu den Menschen im kleinen Ellichleben, die nicht gewillt waren, sich mit diesem Zustand abzufinden. Kurzerhand gründete sich 2003 im Dorf ein Orgelförderverein.
Und dessen vorrangige Aufgabe war, die nötigen Finanzen für die Sanierung des Instrumentes zu beschaffen. Da war Kreativität gefragt. Und genau die legten die Vereinsmitglieder an den Tag.
Wir erinnerten uns, dass es anno 1910 im Dorf bereits eine Theatergruppe gab, die mit ihren Stücken auf der Bühne am Ziegenkopf die Menschen in der Region begeisterte,
sagt Susanne Zwiebler. Daraus entstand die Idee, eine Theatergruppe zu gründen, die helfen sollte, das nötige Geld für die Orgelrestaurierung einzuspielen. Wer sein Publikum begeistern will, braucht zunächst ein Stück, mit welchem es angelockt wird. Fündig wurde die Theatergruppe eben in jenem Jahr 1910. Da führten die Laiendarsteller ein Drama von Hugo Greiner auf, das einen realen Konflikt der Ellichleber mit ihren Nachbarn aufgriff, eine Fehde, die zwischen 1710 und 1734 die Region beschäftigte.
Erstaunlich, wie viele Heimatdichter historische Stücke aus unserer Gegend verfassten,
sagt Susanne Zwiebler. Jedenfalls brachten die Mitglieder vom Orgelförderverein etliche davon auf die Waldbühne.
Sieben Jahre dauerte es, dann erklang die Schulze-Orgel in Ellichleben wieder. Dank zahlreicher Spendengelder, verschiedener Fördermittel und jener Euro, die durchs alljährliche Theaterspiel in die Kasse flossen. Ziel erreicht, Projekt abgeschlossen also. Mitnichten. Die Laienschauspieler dachten gar nicht daran, ihre Passion aufzugeben. Jahr für Jahr begeistern sie nach wie vor die Menschen aus dem Dorf mit ihren Stücken.
Mittlerweile sind wir umgeschwenkt,
sagt Gerlinde Wirth. Sie und Susanne Zwiebler sind sozusagen die guten Seelen der Theatergruppe, führen Regie und stehen auch auf den Brettern, die in Ellichleben eine ganz besondere Welt bedeuten. Es sind nicht mehr die ernsten Stücke, die Ausflüge in die Historie, die aufgeführt werden, sondern Komödien.
Das kommt an,
sagen die beiden Frauen unisono.
Dass die Menschen in dem kleinen Dorf zwischen Arnstadt und Stadtilm solch eine Erfolgsgeschichte schreiben können, ist Ausdruck einer funktionierenden Gemeinschaft. Es gibt in Ellichleben nicht die, die Theater machen oder jene, die für die Orgel sammeln.
Wir alle machen Theater und wir alle wollten, dass unsere Orgel wieder klingt,
sagt Zwiebler. Und jetzt wollen alle, dass die Kirche im Dorf ein lebendiger Mittelpunkt ist. Das heißt, sie wird vielfältig genutzt. Die vom Stadtilmer Orgelbauer Schönfeld restaurierte Orgel ist regelmäßig Mittelpunkt unterschiedlicher Konzerte. Im Mitsommer, wenn die Abendsonne die am Altar aufgestellte kleine Sonnenscheibe zum Leuchten bringt, wird in und um das Haus „Zum Frieden Gottes“ gefeiert. Selbst Tango erklang im Kirchenraum, sehr zur Freude der vielen Besucher.
In diesem Jahr begeisterten die Theaterleute die Zuschauer mit einem Stück, das die turbulenten Ereignisse auf einem Bauernhof erzählt. Für dieses Jahr ist das Berg-Theater Ellichleben Geschichte. Doch das neue Stück beschäftigt die Schauspielgruppe längst schon… Die Darsteller kommen übrigens lang schon nicht mehr nur aus Ellichleben, sondern auch aus den Dörfern ringsum. Das alles kann passieren, wenn Menschen beschließen, ihre Orgel zu retten…
Bild: Zwei Frauen vor der Orgel: Gerlinde Wirth und Susanne Zwiebler haben maßgeblichen Anteil am kulturellen Leben in Ellichleben. | © Klaus-Dieter Simmen