Regionalmanagement Thüringer Bogen:

Mit 30 Jahren stieg Lutz Rolapp in die Kommunalpolitik ein. Heute, als 60-Jähriger, ist er immer noch dabei. Der Ortsteilbürgermeister von Thörey saß damals im Gemeinderat, als der beschloss: Wir entwickeln für unser Dorf ein Industriegebiet.

Treibende Kraft war Klaus von der Krone, erster freigewählter Bürgermeister nach der DDR-Zeit, der 1991 das Vorhaben anschob. Rolapp erinnert sich, dass die Gemeinde gar nicht groß klingeln musste. Mit Garant Türen- und Zargen GmbH ließ sich schon bald das erste Unternehmen nieder. „Damals gab es noch nicht einmal eine Straße, die in unser geplantes Industriegebiet führte. Garant nutzte einen Kiesweg. Die Versorgung mit Elektroenergie sicherte ein Kabel, das über ein Feld verlegt war“, erzählt der Ortsteilbürgermeister. Garant erwies sich als Zugpferd. Rasch folgten andere Firmen. Die Vermarktung der Flächen lief wie am Schnürchen. Deren Verkauf brachte vielen Thöreyer Familien plötzliche Einnahmen. Und das kleine Örtchen vor den Toren Arnstadts und in unmittelbarer Nähe zur Autobahn wurde zu einem Begriff.

Klaus von der Krone, mittlerweile Abgeordneter des Thüringer Landtages, sah noch eine andre Dimension. Er wollte Thüringens größtes Industriegebiet entstehen lassen – durch das Zusammenwachsen der Gewerbegebiete Arnstadt und Ichtershausen. „Bislang hatten die Gemeinderäte die Hoheit über Wachsen und Werden. Und das lief auch gut. Doch mit der neuen geplanten Dimension gaben diese ihre Verantwortung ab. „Uns wurde gesagt, das regelt jetzt alles die Landesentwicklungsgesellschaft“, sagt Rolapp.

Doch die erhofften Ergebnisse blieben in einigen Punkten aus. Zwar wuchs das Industriegebiet, die Infrastruktur allerdings hielt nicht mit. Der geplante Radweg von Arnstadt ins Industriegebiet kam nicht. Jedenfalls nicht so, wie angekündigt. Dass heute beide Regionen verbunden sind, liegt an einem Wirtschaftsweg vom Wasserverband, der bitumiert ist und von den Radfahrern genutzt werden kann. Im B-Plan war vorgesehen, eine Bahntrasse von Arnstadt zum Erfurter Kreuz zu bauen, die in einer Schleife zurückführt. Ein Teilstück sei gebaut, sagt Rolapp, mehr nicht, weil der Bedarf fehlt. „Da hat ein Möbelhändler ein Lager mit Hochregalen, in denen ständig fast 187.000 Artikel vorrätig sind. Die müssen angeliefert, aber auch versandt werden. Sich die Menge der Lastzüge vorzustellen, die dafür gebraucht werden, ist nicht schwer. Trotzdem wird der Bahnanschluss nicht genutzt. Das Betonwerk signalisierte Interesse am Güterverkehr mit der Bahn, verzichtete dann schließlich zu Gunsten des LKW-Verkehrs darauf.“ Das geringe Interesse an der Bahn sorgte anderseits dafür, dass die Straßen im Erfurter Kreuz dem Verkehrsaufkommen nicht mehr gewachsen sind. Bei Schichtwechsel oder früh morgens und zum Feierabend geht kaum noch etwas.

Die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) war nicht untätig. Eine Planung beschäftigte sich damit, die Zufahrtstraße von der Autobahnabfahrt zu erweitern. Es sei sogar geplant gewesen, die Behelfsabfahrt nahe Sülzenbrücken auszubauen und so den Verkehr zu entzerren. Leider, sagt der Ortsteilbürgermeister, sei zwar vieles geplant, jedoch nichts verwirklicht worden. Und die Planung erwies sich auch als nutzlos. „Weil es mittlerweile eine neue Autobahngesellschaft gibt, die von dieser alten Planung nichts wissen und stattdessen ein eigenes Konzept erarbeiten will. Das schiebt einen möglichen Baubeginn auf 2028 oder 2030 hinaus.“ Kein Wunder, dass Rolapp unzufrieden ist. „Der Ausbau des Straßennetzes ist dringend geboten!“

Während sich der Lärm vom Industriegebiet für die Bürger von Thörey in erträglichen Grenzen hält, ist es beim Autobahnlärm umgekehrt. „Beim sechsspurigen Ausbau wurde ein Erdwall aufgeschichtet, der ganz gut als Lärmschutz funktionierte. Dieser wurde irgendwann abgetragen, die Gründe habe ich nie ermitteln können.“ Für den Ortsteilbürgermeister ist die Errichtung einer Lärmschutzwand eine vorrangige Aufgabe. Wenn möglich mit Photovoltaik-Modulen bestückt. Er kann sich vorstellen, dass die dort produzierte Energie im Industriegebiet genutzt werden kann.

Damals, als 1990 Klaus von der Krone bei Lutz Rolapp klingelte und fragte, ob er im Gemeinderat mitarbeiten wolle, war dieser sich nicht schlüssig. „Ich habe meinen Vater um Rat gefragt. Und der hat gesagt: Junge, das machst du. Da kannst du viel lernen und tust was fürs Dorf!“ Gelernt hat er in der Tat viel. Und die Möglichkeit genutzt, seine Kommune voranzubringen.

Bild: Lutz Rolapp | © Klaus-Dieter Simmen

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