Regionalmanagement Thüringer Bogen:
Während andernorts Gastronomen eine düstre Zukunftsvision entwerfen, die Branche wegen der Wiedereinführung der 19 Prozent Mehrwertsteuer Schließungen befürchtet, eröffnet in Mechterstädt im Landkreis Gotha ein Restaurant seine Pforten. Im Grunde ist es eine Wiedereröffnung, allerdings eine mit Zuversicht.
Es ist ein Wirtshaus, das im Dorfbild den Eindruck erweckt, lange schon seine Türen für Gäste zu öffnen. Und in der Tat, Ende des 19. Jahrhunderts entstand der Fachwerkbau – als Mittelpunkt eines großen landwirtschaftlichen Betriebes. Erst mit der Wiedervereinigung baute Familie Garthoff das Gebäude um und eröffnete 1991 ein Gasthaus, das den schönen Namen „Lindenhof“ bekam. Wenige Jahre später schon musste die Familie aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Peter Weiland, damals als Koch im „Lindenhof“ beschäftigt, ergriff die Gelegenheit beim Schopf und kaufte das Anwesen. Gasthaus und Pension funktionierten, insbesondere Monteure nutzten es zum Übernachten.
Dann bekam Weiland Gelegenheit, dem „Lindenhof“ eine neue Facette hinzuzufügen. Hans Wolf, in Mechterstädt der Mann für die Hausschlachtungen, sah die Zeit für seinen Ruhestand gekommen. Allerdings fand er die Aussicht wenig erfreulich, dass fortan sein Rezeptbuch für immer verschlossen bleiben sollte. Und er bot Peter Weiland, dem Koch, seine Rezepturen für Original Hausschlachtene Thüringer Würste an. Der überlegte nicht lange. Kaum das Angebot von Hans Wolf angenommen, machte er sich auf die Suche nach Schweinen, die er verwursten konnte. Und das sollten keineswegs solche aus industrieller Aufzucht sein. Die Qualität, die der Hausschlachter bei den Bauern vorfindet, wollte auch der Mechterstädter Gastronom haben, um seine künftigen Kunden mit besonderer Qualität zu überzeugen. Bei Bauer Armin im Eichsfeld wurde Weiland fündig. Schon bald gab es zunächst in einer provisorischen Verkaufsstelle Knackwurst, Rotwurst, Sülze und andere Spezialitäten, nach denen die Kunden Schlange standen.
Das Angebot reichte den Kunden bald nicht mehr aus. Sie verlangten nach Kochwurst und Salami, fragten nach Kochschinken. Dem verschloss sich der Koch nicht. Er baute einen Raum zu einem Ladengeschäft um. Und weil er gerade dabei war, wuchs die Fleischerei zu einem Bauernladen. Gemüse aus der Region, etwa von den Gärtnern des Bodelschwingh-Hofes oder der Gärtnerei Fischer in Erfurt, kam hinzu. Der Gartenbaubetrieb Gloria liefert Beerenfrüchte. Und weil Peter Weiland viel von hausgemachten Produkten hält, bietet er in der Saison nicht nur Erdbeeren, Himbeeren oder Kirschen seinen Kunden an, sondern kocht aus nicht verkauften Fürchten leckere Marmelade. Und ab Dezember gibt es im Bauernladen frische Zitrusfrüchte, die frisch aus Plantagen in Spanien kommen, wo der er die Patenschaft über mehrere Bäume hat.
All diese Dinge machen Arbeit, viel Arbeit. Und Personal im Gastgewerbe ist rar. So blieb der Gaststättenbetrieb im „Lindenhof“ auf der Strecke. Das habe ihn immer gewurmt, gesteht Weiland ein. Aber bevor er etwas halb macht, legt er es lieber auf Eis. Doch Ende November nahm im „Lindenhof“ die Gastronomie wieder ihren Betrieb auf. Mit Viktor, der in Prag Management und Recht studiert hat, der seit sieben Jahren in Thüringen lebt und immer schon ein Restaurant führen wollte. Von Mittwoch bis Sonntag ist es geöffnet und bietet den Gästen ein interessantes Speisenangebot. Und immerhin hat die Küche bis 21.30 Uhr geöffnet. „Wir halten typische Thüringer Gerichte wie Roulade und Wildgulasch mit Klößen bereit, aber auch eine Auswahl an Fischgerichten“, verspricht Weiland. Wobei er auch hier strikt sein Credo verfolgt, Produkte von regionalen Erzeugern zu verarbeiten. Das Wild liefert der Jäger aus dem Dorf, den Fisch bezieht er von einem Züchter aus dem benachbarten Sättelstädt.
In einer Zeit, da viele Gastronomen klagen und befürchten, das Handtuch werfen zu müssen, eröffnet Peter Weiland diesen Zweig wieder im „Lindenhof“. Er lächelt und sagt: „Wir sind immer schon ein bisschen anders als andere.“ Mit der höheren Mehrwertsteuer müssen sich alle Gastronomen auseinandersetzen, findet er. Um Gäste anzulocken, will er ihnen das Besondere bieten. Weihnachten zum Beispiel Gänsebraten und allerlei Wildgerichte. Über die Festtage hinaus wirbt er für sein Restaurant mit Spezialitätenabenden. Für typisch Thüringer Schlachtfest hat er die Produkte in der Fleischerei nebenan parat. Für einen Fischabend holt er die Ware bei seinem Partner aus dem Nachbardorf. „Es gibt viele Ideen, wie wir mit unseren kulinarischen Ideen Gäste überzeugen können.“
Die Wintermonate will Weiland mit seinem Team nutzen, um den Biergarten auszubauen. Der liegt direkt am Radweg zwischen Eisenach und Gotha. Dort sollen die Radtouristen bei einer Rast mit Thüringer Spezialitäten verwöhnt werden.
Bild: Viktor aus Prag sorgt für den reibungslosen Betrieb des Restaurants im „Lindenhof“ in Mechterstädt. | © Klaus-Dieter Simmen