TU Ilmenau:

Um zu erforschen, wie sich die Population von Mäusen entwickelt und so Naturschützer*innen und Biolog*innen bei ihrer Arbeit zu unterstützen, nutzt William Menz Künstliche Intelligenz zur Klassifizierung von Kleinsäugern. In seiner Masterarbeit trainierte er neuronale Netze darauf, die Tiere automatisiert zu erkennen.

Für Landwirtinnen und Landwirte sind Kleinsäuger wie Mäuse ein echtes Ärgernis, denn oft fressen sie den Bäuerinnen und Bauern ihre hart erarbeitete Ernte weg. Doch auch die Landwirtschaft schadet den kleinen Tieren – etwa, wenn Pestizide in den Äckern zum Einsatz kommen und die Tiere diese über die Nahrung aufnehmen. Um sich einen Überblick darüber zu verschaffen, wie schädlich Pestizide für Mäuse und Co. sind und wie sich die Kleinsäugerpopulation an intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen entwickelt, stellen Naturforschende dort Fallen auf. So können die vorkommenden Arten bestimmt und gezählt werden. Diese Methode ist allerdings sehr aufwendig, da die Fallen regelmäßig kontrolliert werden müssen, um Stress für die Tiere zu vermeiden. Für die Erfassung von Spitzmäusen müssen die Fallen alle drei Stunden überprüft werden. Aus diesem Grund werden diese nur selten untersucht. Immer häufiger setzen Biolog*innen und Naturschützer*innen daher auf Fotofallen. Mit Lockfutter werden Kleinsäuger in eine kleine Box gelockt. Dort nimmt eine Kamera Fotos von ihnen auf, bevor sie eigenständig die Falle verlassen.

William Menz, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Audiovisuelle Technik der TU Ilmenau, hat die Fotofallen für Kleinsäuger nun um eine neue intelligente Komponente ergänzt. In seiner Masterarbeit „The classification of small mammals by comparing different neural networks, with the data collection through a camera trap“, die unter der Betreuung von Prof. Alexander Raake und Dr. Eckhardt Schön am Fachgebiet Audiovisuelle Technik und in Kooperation mit dem Wildlife-Monitoring-Unternehmen Eurofins MITOX entstanden ist, setzte er neuronale Netzwerke zur Auswertung der in der Falle aufgenommenen Aufnahmen ein. Mithilfe der Algorithmen, die im grundlegenden Aufbau dem menschlichen Gehirn nachempfunden werden, wurden die Fotos nach bestimmten Eigenschaften wie Größe der Ohren oder Körperform der Tiere gruppiert und zu vier Klassen zugeordnet. So konnte William Menz erkennen, ob es sich bei den Tieren um Wald-, Wühl- oder Spitzmäuse handelt oder ob ein anderes Tier in die Falle getappt ist.

Vereinfachte Auswertung der Fotofallen

Die in der Masterarbeit entwickelte Methodik leistet Tierforschenden eine große Hilfestellung bei der Überwachung der Kleinsäugerpopulation, wie William Menz erklärt:

Der Aufwand bei der Sichtung und Auswertung der Aufnahmen wird erheblich reduziert. Die KI kann Bilder in großer Stückzahl auswerten, so müssen nicht mehr Expertinnen und Experten zu Rate gezogen werden, um jede Aufnahme zu klassifizieren.

Insgesamt zehn Fotofallen wurden in der Nähe von Erfurt und in der Lausitz über mehrere Wochen aufgestellt. Daraus entstanden zehntausende Aufnahmen, die zunächst manuell von William Menz durchgesichtet wurden. Der Wissenschaftler wählte einen Datensatz von einigen tausend Fotos aus, den er dafür nutzte, die neuronalen Netze zu trainieren:

Die grundlegenden Aufgaben wie die Kantendetektion konnten die Netze von Beginn an erledigen. Über das Training wurde das Verfahren weiter verfeinert. In den letzten Schichten des Netzes wurden komplexere Aufgaben erledigt, bis das Netzwerk zum Schluss sagen konnte, was auf einem Bild zu sehen ist. Diese Bestimmung ist immer nur für die Aufgabe möglich, auf die das Netz trainiert wurde.

Bisher wurde KI vor allem für das Monitoring von größeren Tieren wie Wildschweinen oder Wölfen genutzt, auch Vögel werden mittels Geräuscherkennung zu Forschungszwecken überwacht. Das Verfahren für die automatisierte Artenbestimmung mittels neuronaler Netze für Kleinsäuger wie Nagetiere, Mäuse oder Igel eröffnet der Forschung neue Möglichkeiten, die Tiere schneller und effizienter zu klassifizieren. So will das Unternehmen Eurofins MITOX die Fotofallen weiter nutzen und die neuronalen Netze soweit trainieren, dass auch die genaue Spezies eines Tiers erkannt werden kann. Insbesondere das Monitoring von Spitzmäusen wird von diesem neuen Ansatz profitieren.