Regionalmanagement Thüringer Bogen:
Vor gar nicht zu langer Zeit war ein Reisender so nachhaltig vom Gothaer Bahnhof beeindruckt, dass er einen Zettel an der Eingangstür hinterließ, auf dem er mit den Zuständen im und ums Gebäude abrechnete. Grauenvoll, einfach nur grauenvoll war das Fazit des Unbekannten. Um dem ein für alle Male ein Ende zu bereiten, hat die Stadt Gotha den Bahnhof erworben. Das liegt nun schon ein paar Jahre zurück, doch jetzt werden Nägel mit Köpfen gemacht. Das Konzept steht, Betreiber für moderne Dienstleistungen sind gefunden. Darunter ist als Hauptmieter die Diakonie für den Landkreis Gotha mit dem Bodelschwingh-Hof in Mechterstädt. Das machte das Unternehmen kürzlich auf seiner Jahrespressekonferenz deutlich.
„Wir werden im voraussichtlich 2027 eröffnenden Bahnhofsgebäude ein modernes Lifestyle-Café betreiben. Hierfür haben wir mit ‚Samocca‘ einen zuverlässigen und etablierten Franchisepartner gefunden. Mit diesem Projekt sollen zeitgemäße Ansätze der Behindertenhilfe umgesetzt werden: Selbstbestimmung und Normalisierung, Schaffung neuer Arbeitsfelder und Integration von Menschen mit Behinderung in Arbeitsabläufe des alltäglichen Lebens“,
sagt Vorstandsvorsitzender Thomas Gurski. Und der Bahnhof, den immerhin täglich rund 5000 Reisende queren, profitiert von dem gastronomischen Angebot. „Samocca“ wurde übrigens 2013 in Aalen aus der Taufe gehoben, das funktionierte so überzeugend, dass schon wenig später das Franchisesystem entwickelt und angeboten wurde.
Arbeit ist ein Menschenrecht, das gilt besonders für Menschen mit Beeinträchtigungen. Dem stellt sich die Diakonie Gotha auf vielfältige Weise. Der Verbund, der aus dem Bodelschwingh-Hof Mechterstädt, dem Diakoniewerk Gotha, der Diakoniewerk Gotha GmbH und der Josias Löffler Diakoniewerk Gotha GmbH, gebildet ist, bietet 800 Menschen Arbeit. Allein in den Werkstätten für behinderte Menschen sind 620 Frauen und Männer tätig. Doch auch in Inklusionsbetrieben ist die Diakonie ein beliebter Arbeitgeber für Arbeitskräfte ohne und mit Behinderung.
Dazu zählt das Augustinerkloster Gotha, eine Herberge, die unter marktüblichen Bedingungen von Menschen mit und ohne Behinderung betrieben wird.
„Wenn Menschen mit und ohne Behinderung gleichberechtigt zusammenarbeiten, entsteht ein Mehrwert für alle. Unser Inklusionsunternehmen, die InDiGo GmbH zeigt, wie Vielfalt auch in der Wirtschaft zum Erfolgsfaktor werden kann“, so Vorstand Gurski. „Inklusionsunternehmen sind werteorientierte Wirtschaftsunternehmen, in denen Menschen mit und ohne Behinderung gleichberechtigt zusammenarbeiten. Sie folgen der Überzeugung, dass Vielfalt ein Gewinn ist. Nicht die Schwächen der Menschen stehen bei ihnen im Vordergrund, sondern ihre Stärken und Potentiale. Aus diesem Grund werden alle 35 Mitarbeitenden arbeits- und tarifrechtlich gleich beschäftigt, unabhängig davon, ob sie eine Behinderung haben oder nicht.“
Besondere Freude herrscht, wenn es gelingt, über die verschiedenen Angebote den Beschäftigten ein Anstellungsverhältnis auf dem ersten Arbeitsmarkt zu verschaffen. Daran orientiert sich auch die Berufsausbildung im Unternehmen. Ebenso ist dafür gesorgt, dass die Rechte der Arbeitnehmer gewahrt werden – im Werkstattrat, der sich um Arbeitsbedingungen und Arbeitsklima kümmert, oder durch die Frauenbeauftragte.
Die Baugesellschaft Gotha hat jüngst die Pläne für die Gestaltung des Hauptbahnhofes zur Diskussion gestellt. So soll das Gebäude wieder aufgebaut werden, um letztlich jenem zu gleichen, das vor der Bombardierung am 6. Februar 1945 stand. Damals war der Westflügel zerstört wurden. Die Reisenden empfängt im neuen Bahnhofsgebäude ein Geschäft für Reisebedarf, ein Radshop und besagtes Café „Samocca“. Das Stadtarchiv mit seinem Magazinbereich wird einziehen. Im Ostflügel bekommt die Gothaer Nahverkehrsgesellschaft ein neues Domizil.
Bild: Bahnhof Gotha | © Klaus-Dieter Simmen