Fraunhofer IOSB, Anwendungszentrum Systemtechnik AST, Ilmenau:

Rechenprozesse zum intelligenten Beladen großer Elektroflotten sollen in Zukunft durch Quantencomputing deutlich beschleunigt werden.

Erste Versuche wurden jetzt durch das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB, Institutsteil Angewandte Systemtechnik AST, auf dem Quantencomputer „IBM Q System One“ durchgeführt. Hauptuntersuchungsgegenstand der Forscherinnen und Forscher war der Vergleich zwischen dem klassischen Optimierungsmodell gegenüber der Berechnung auf einem Quantencomputer. Das Optimierungsszenario wurde dabei bewusst einfach gehalten und doch realitätsnah: Am Flughafen Erfurt-Weimar sollen in Zukunft drei Servicefahrzeuge an drei Ladesäulen mit möglichst viel eigenerzeugten Photovoltaik-Strom beladen werden. Die Komplexität wird dabei durch die unterschiedlichen Einsatzzeiten in Abhängigkeit des Flugbetriebes erhöht.

„Beim Quantencomputing müssen wir das Optimierungsproblem ganz anders beschreiben als bei einem konventionellen Optimierungsmodell. Es geht bei unseren ersten Untersuchungen also im Wesentlichen um zwei Fragestellungen: Wie muss die optimale Modellierung für den Quantencomputer aussehen? Und wie ist die Performance dieses Modells gegenüber konventionellen Berechnungen?“ berichtet Dr. Steve Lenk, Forscher am Fraunhofer IOSB-AST. Weitere Schwierigkeiten ergeben sich durch Unsicherheiten: Verschattungen der Photovoltaik-Anlage durch Wolken sowie kurzfristige Verschiebungen im Flugplan, zum Beispiel durch wetterbedingte Störungen. Dieses „Rauschen“ soll im Optimierungsmodell ebenfalls berücksichtigt werden.

Mit Quantencomputing Zufälligkeiten gut abbilden

Erste Ergebnisse zeigen, dass das Optimierungsproblem grundsätzlich über einen Quantencomputer berechnet werden kann und den Ergebnissen des klassischen Optimierungsverfahrens entsprechen. Allerdings haben die Forscher auch festgestellt, dass die Performance des klassischen Optimierungsmodells derzeit dem Quantenansatz noch überlegen ist, zumindest innerhalb der derzeit erreichbaren Größen der Quantenhardware. Dennoch sieht Dr. Steve Lenk großes Potential in der Zukunft: „Mit Quantencomputing können wir besonders gut Zufälligkeiten, wie sie bei der Beladung von E-Fahrzeugen, etwa am Flughafen oder im Parkhaus auftreten, abbilden. Im weiteren Verlauf des Forschungsprojektes wollen wir aber auch noch andere Optimierungsprobleme aus der Energiewirtschaft untersuchen. Dabei geht es darum, aus den verschiedenen Technologien des Quantencomputings (zum Beispiel ultrakalte Atome, Supraleitung und gefangene Ionen) die beste zu wählen, um unser Optimierungsproblem zu lösen. Langfristig streben wir an, eine so genannte ‚In-Time-Optimierung‘ auf einem Quantenrechner durchzuführen, um die Beladung von Hunderten E-Fahrzeugen unter der Einbeziehung komplexer Situationen zu optimieren.“

Die Arbeiten wurden im Rahmen des Forschungsprojektes EnerQuant durchgeführt, an dem neben dem Fraunhofer IOSB-AST auch das Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM, JoS QUANTUM, die Universität Heidelberg sowie die Universität Trient beteiligt sind.

Bild: Das IBM Quantum System One in Ehningen, der erste IBM-Quantencomputer außerhalb eines IBM-Forschungslabors | © IBM Research

>> ZURÜCK