Ilm-Kreis:

„Ilm-Kreis blüht“ ist eine Initiative des Landkreises in Zusammenarbeit mit der Natura 2000-Station Gotha/Ilm-Kreis. Finanziert wird das Vorhaben über das Regionalbudget Nachhaltigkeit – ein Modellprojekt des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz.

„Das Ziel von „Ilm-Kreis blüht“ ist es, die Insektenvielfalt durch die Erhaltung, ökologische Aufwertung und Schaffung von Lebensräumen zu fördern. Denn in ihren Lebensräumen finden Insekten Nistplätze, Nahrung und Baumaterial. Ein Projekt, das nur gemeinsam mit Kommunen, Gemeinden und interessierten Bürgerinnen und Bürgern gelingen kann“, sagt Landrätin Petra Enders. Eine wichtige Rolle nimmt in diesem Zusammenhang auch die Natura 2000-Station Gotha/Ilm-Kreis ein, die das Projekt intensiv unterstützt.

„Im Rahmen von „Ilm-Kreis blüht“ sollen daher möglichst viele Blühwiesen, Blühhecken, artenreiche Wegränder und Schutzäcker angelegt, entwickelt bzw. gepflegt werden“, erklärt Andreas Mehm, Sachgebietsleiter der Unteren Naturschutzbehörde, und verweist auf altbekannte, aber überlebte Denkmuster, z. B.  „Totholz muss aufgeräumt werden“, „Rasen muss kurzgehalten werden“, „Brennnesseln und Disteln müssen ausgerupft werden“.

„Leicht umsetzbare Maßnahmen, wie den Rasen seltener zu mähen, Disteln und Brennnesseln in einer Ecke des Gartens wachsen und Staudenstängel über den Winter stehen zu lassen oder Laubhaufen nicht zu beräumen, haben nicht nur eine positive Wirkung auf Insekten, sondern ersparen auch viel unnötige Arbeit“, erklärt er.

Welche Möglichkeiten es gibt, wie man Blühwiesen schaffen, Feldraine erhalten und pflegen kann, um den Lebensraum von Insekten zu stabilisieren, war Thema eines Auftaktworkshops am 18.05.2022 des Vorhabens „Ilm-Kreis blüht“ im Schülerfreizeitzentrum Ilmenau. Die Vorbereitung übernahm die Untere Naturschutzbehörde des Ilm-Kreises, die „Ilm-Kreis blüht“ federführend betreut. Der Workshop richtete sich vor allem an die Kommunen im Ilm-Kreis. Als wichtige Flächeneigentümer spielen sie eine wesentliche Rolle bei der Förderung der Biodiversität und haben eine besondere Vorbildfunktion. 

Viele interessante Vorträge waren zu hören, die für eine rege Diskussion sorgten. So stellte Christiane Wichmann aus Wernigerode Biodiversitätsmaßnahmen der Stadt im Harz vor, die bereits als „Kommune für biologische Vielfalt“ zertifiziert ist. „Das ist nicht einfach, denn bei der Nutzung von Flächen müssen wir auf die richtige Balance zwischen Biodiversität und Tourismus achten und die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen, für Verständnis werben“, erklärte sie.

Johannes Bayer, Kreisfachberater für Gartenbau- und Landschaftspflege aus dem bayrischen Landkreis Hassberge, zeigte an praktischen Beispielen, wie man eine Region über die Jahre nachhaltig zum Blühen bringen kann.

Aber auch der Umgang mit Neophyten war Thema. Eindrucksvoll klärte Hartmut Schmidt von der Natura 2000-Station Gotha/Ilm-Kreis über die Pflanzen auf (er hatte einige von ihnen im Gepäck), die nicht zur natürlichen Vegetation gehören, sondern absichtlich oder versehentlich eingeführt wurden. Manche davon sind sehr invasiv und verdrängen heimische Arten, beispielsweise der Riesen-Bärenklau oder der Kanadische Goldregen, der Japanische Staudenknöterich oder die Orientalische Zackenschote, die dem Raps täuschend ähnelt. Aber auch die vielblättrige Lupine oder die Kugeldistel gehören zu den invasiven Arten, die es effizient und zur richtigen Jahreszeit zu bekämpfen gilt.

Interessant auch das Projekt „Fairpachten“ der NABU-Stiftung Nationales Naturerbe, das Biobauer Ralf Demmerle aus Marlishausen vorstellte. Seit 2018 engagiert er sich als Regionalberater bei Fairpachten und berät Kommunen, wie man gemeinsam mit Pächterinnen und Pächtern geeignete Naturschutzmaßnahmen für eine artenreiche Kulturlandschaft umsetzen kann, beispielsweise durch die Erhaltung von Feldwegen und Randstreifen, die wertvollen Lebensraum für Wildblumen, Insekten und Vögel bietet. Aber auch die Verbindung von Biotopen, die Einrichtung von Brutplätzen für Feldvögel, die Förderung von Wildkräutern wurden thematisiert und verschiedene Fördermöglichkeiten für Pächter vorgestellt.

„VIA Natura 2000“ heißt das Projekt, das Daniel Korpat von der Natura 2000-Stiftung Gotha/Ilm-Kreis vorstellte. ‚Via‘ steht in diesem Falle nicht nur für den Weg, sondern auch für die Vernetzung von Insekten und Agrarlandschaften. Ziel des im Bundesprogramm Biologische Vielfalt geförderten Projektes ist es, die historisch gewachsene Kulturlandschaft durch die Zusammenarbeit zwischen Naturschutz, Landwirtschaft, Kommunen und weiteren Interessierten zu schützen.

Auf geeigneten Standorten werden artenreiche, blühende Feldraine neu angelegt oder ökologisch aufgewertet. Ökosystemleistungen, wie die Bestäubung durch blütenbesuchende Insekten, werden dadurch gefördert. Auch das Landschaftsbild in Agrarlandschaften erfährt eine erhebliche Aufwertung. Die Feldraine des Projektes sollen dauerhaft bestehen bleiben und gepflegt werden. Über das Projekt erfolgt nicht nur eine Beratung jener, die Feldraine anlegen möchten. Auch das Biosaatgut wird zur Verfügung gestellt.

„Ilm-Kreis blüht“: Jetzt Mitmachen – Flächen und Paten gesucht

„Wenn wir die Vielfalt der Insekten fördern wollen, kommen wir nicht umhin, mehr Wildnis und auch scheinbare „Unordnung“ auf unseren Grün- und Freiflächen zuzulassen. Dadurch wird sich unser Umfeld ändern – es wird vor allem an vielen Ecken und Enden wieder bunter und reicher an Tieren und Pflanzen werden“, so Andreas Mehm. Dafür braucht es vor Ort engagierte Menschen, die Flächen für Blumen und etwas mehr Wildnis zur Verfügung stellen, diese ggf. anlegen und pflegen oder auch einfach dafür sorgen, dass weniger gemacht wird (wie z. B. seltener mähen oder Brennnesseln stehen lassen). Dabei möchten die Kooperationspartner von „Ilm-Kreis blüht“ gern helfen. Die Unterstützung reicht von der Beratung und Vermittlung geeigneter Partner bis hin zur gemeinsamen Einsaat oder Bereitstellung von Saatgut.

Interessierte Flächeneigentümer werden gebeten, sich bei der Unteren Naturschutzbehörde des Ilm-Kreises zu melden, Mail: , 03628 738 670.  Bei der Natura 2000-Station Gotha/Ilm-Kreis hilft Claudia Müller, Mail: , 036256 153962, gern weiter.

Bild: Die Referenten Andreas Mehm, Sachgebietsleiter der Unteren Naturschutzbehörde Ilm-Kreis, Johannes Bayer vom Landkreis Hassberge in Bayern, Christiane Wichmann aus Wernigerode, Ralf Demmerle, NABU-Stiftung Nationales Naturerbe, Hartmut Schmidt und Daniel Korpat von der Natura 2000-Station Gotha/Ilm-Kreis. | © LRA Ilm-Kreis

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