Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt:
Forschungsbibliothek Gotha bietet vielfältige Einblicke: Martin Luthers Erbe ist überall in Thüringen spürbar. Aus Deutschland und der ganzen Welt kommen Gäste, um seinen Spuren zu folgen. Bereits im Jahr 2017 – zum 500. Jubiläum der Reformation – lockte Thüringen in seiner Wahrnehmung als Lutherland zahlreiche – auch internationale – Besucher*innen. Anlässlich des Jubiläums „500 Jahre Übersetzung des Neuen Testaments auf der Wartburg“ hat die Thüringer Tourismus GmbH das gesamte Jahr 2022 unter das Motto „Welt übersetzen“ gestellt. Auch die Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt beteiligt sich an diesem Themenjahr.
Und hat dabei Einiges im Köcher: So präsentiert sie in ihrer Ausstellung „Bücher bewegen“, die sie im Rahmen ihres 375-jährigen Gründungsjubiläums vom 9. April bis zum 19. Juni zeigt, die Luther-Jeremia-Übersetzung im Original. Das eigenhändige Druckmanuskript befindet sich heute in der Forschungsbibliothek Gotha. Die mehr als 80 Blätter umfassende Handschrift stellt knapp 15 Prozent sämtlicher erhaltener Manuskripte der Bibelübersetzung dar. Vom Neuen Testament ist keine Zeile von Luthers Hand überliefert. Teile anderer alttestamentarischer Bücher sind heute zerstreut in verschiedenen Archiven und historischen Bibliotheken in Deutschland, Polen und Dänemark aufbewahrt. Diese Dokumente gewähren einen einzigartigen Einblick in den Übersetzungsprozess mit den unendlichen damit verbundenen Erwägungen, denn viele, einschließlich des Jeremia-Bands, enthalten die letzten Korrekturen, Änderungen in Wortwahl und umgestalteten Formulierungen vor der Einreichung beim Drucker. Die Jeremia-Handschrift gehört zu den unikalen Spitzenstücken unter den außerordentlich vielen Handschriften und historischen Drucken, die im 17. und 18. Jahrhundert in Gotha gesammelt wurden, um einerseits großangelegte editorische und historiografische Projekte zur Reformation zu verwirklichen und andererseits die Hofbibliothek auf Schloss Friedenstein zu einem Gedächtnisspeicher der Reformation auszubauen.
„Luthers Bibelübersetzung war für die Entwicklung der deutschen Sprache wesentlich“, sagt Dr. Kathrin Paasch, die Direktorin der Forschungsbibliothek Gotha. „Mit unseren Beiträgen zum Themenjahr ‚Welt übersetzen‘ wollen wir daran erinnern und zugleich auf die bedeutenden originalen Lutherschriften in der Bibliothek aufmerksam machen.“ Dazu gehören auch Sonderführungen durch die Bibliothek, zum Beispiel am Reformationstag, 31. Oktober, um 14 Uhr. Dr. Daniel Gehrt, wissenschaftlicher Mitarbeiter für die Erschließung frühneuzeitlicher Handschriften, präsentiert darin Luthers Handschriften zur Bibelübersetzung in der Forschungsbibliothek Gotha.
Im Themenjahr geht auch die englische Übersetzung der digitalen Ausstellung „Hilaria Evangelica. Das Reformationsjubiläum 1717 in Europa“ zur protestantischen Erinnerungskultur an den Start, die auch international für die Schätze der Forschungsbibliothek werben möchte. Außerdem wird Ende 2022 die digitale Ausstellung „Bücher bewegen“ gelauncht, in dem das Jubiläumsthema mit dem Thema „Welt übersetzen“ verbunden und einem internationalen Publikum dauerhaft zugänglich gemacht wird.
Und in einem Workshop unter dem Titel „Digitale Wissens- und Sammlungsvisualisierung. Neue Ansätze und Perspektiven für digitale Sammlungen“ widmen sich Expert*innen im November in Gotha den neuesten Entwicklungen, um digitale Sammlungen aus Kulturerbe-Einrichtungen für die Öffentlichkeit interessant, verständlich und nachhaltig aufzubereiten, also zu übersetzen, und am digitalen Flanieren, Explorieren und Experimentieren aktiv zu beteiligen.
Bild: In der Forschungsbibliothek Gotha | © Universität Erfurt