Regionalmanagement Thüringer Bogen:

Sie sind zu acht, acht Frauen und Männer mit unterschiedlichen beruflichen Biografien. Was sie eint, ist ihr Engagement im Thüringer Bogen, in der Region des Landkreises Gotha und des Ilm-Kreises also. Und sie alle wirken auf die eine oder andere Weise eben auch weit darüber hinaus. Und das prädestiniert sie für ihr Ehrenamt als Botschafter des Thüringer Bogens. Warum sie diese Rolle übernommen haben, warum sie sich als Botschafter einer besonderen Region sehen, das erzählen sie in dieser Reihe. Heute sprechen wir mit Dr. Karlheinz Brandenburg, Geschäftsführer der Brandenburg Labs GmbH und Senior-Professor an der Technischen Universität Ilmenau.

Herr Professor, Sie sind Franke, in Erlangen geboren. Seit 2000 arbeiten und leben Sie in Ilmenau. Sind Sie ein Franke mit Faible für Thüringen oder ein Thüringer mit fränkischen Wurzeln?

Meine Standardantwort ist, es kommt ganz darauf an, wer mich fragt.

In diesem Fall ein Thüringer.

Im Ernst: Irgendwann habe ich festgestellt, dass sich mein berufliches Leben überwiegend in Thüringen abspielt. 1982 habe ich mit meiner Dissertation in Erlangen begonnen und 18 Jahre dort auch geforscht, bis ich im Jahr 2000 nach Ilmenau gegangen bin, also vor 23 Jahren. Und dass wir hier mittlerweile verwurzelt sind, zeigt unser Hausbau in dieser Stadt. Ich bin in der Region in zahlreichen Ehrenämtern unterwegs, aktuell bin ich für ein Jahr Vorsitzender des Rotary-Clubs in Ilmenau. Meine Frau ist ebenfalls gesellschaftlich tätig, im Gemeindekirchenrat. Das erübrigt also die Frage, wo wir uns zu Hause fühlen.

Hand aufs Herz, Herr Brandenburg: Was überzeugt sie mehr? Die Fränkische oder die Thüringer Bratwurst?

Ehrlich? Eigentlich fühle ich mich der Erlanger oder Nürnberger Bratwurst ein wenig näher. Es ist der Geschmack, mit dem ich aufgewachsen bin. Das prägt. Natürlich mag ich auch die Thüringer gern vom Rost. Besonders dann, wenn sie vom Lieblingsfleischermeister kommt.

Welchen Stellenwert nimmt im Reigen Ihrer Ehrenämter der Botschafter für den Thüringer Bogen ein?

Beim zeitlichen Aufwand bis jetzt so etwa drei Prozent, das gefällt mir gut (lacht). Von der Bedeutung her ist mir dieses Amt sehr wichtig. Wobei ich es nicht separat sehe. Wenn ich unterwegs bin, vertrete ich ja die Uni und damit Ilmenau. Bei populärwissenschaftlichen Auftritten kommt Werbung für die Region automatisch.

Das mp3-Format wurde von vielen Wissenschaftlern und Technikern aus der Taufe gehoben. Allerdings sind Sie der Vater des Ganzen.

Das sagen viele Leute so. Ich hingegen erzähle immer: Ich weiß, wer noch beteiligt war. Aber ja, ich gehöre zu denen, die Grundlagenforschung gemacht haben und für die technische Vorbereitung den Hut aufhatten.

Als mp3 in der Welt war, hat das neue Format die Musikindustrie auf dem falschen Fuß erwischt.

Ja, die wollten nicht hören!

Und die Verantwortlichen dort haben auf physikalische Datenträger gesetzt, wie CD beispielsweise.

Nicht alle, es gab auch solche, die früh schon gemerkt haben, was da auf dem Markt los ist. Offizielle Stellen jedoch haben, selbst als wir vor dem großen Durchbruch standen, uns immer noch gesagt: Und was hat das mit uns zu tun?

Ab wann waren Sie überzeugt, dass die Erfindung die Welt erobern wird?

Natürlich war ich immer schon ein unerschütterlicher Optimist. Kollegen haben mir später gesagt, wie sehr sie zu Beginn der 90er Jahre über meine Zuversicht verwundert waren, wo sie doch überall Zeichen gesehen haben, dass wir scheitern werden. Es gab weltweit andere Verfahren, die schneller am Markt waren und von großen Firmen ganz andere Unterstützung erfuhren. Wir haben uns letztlich durchgesetzt. Der Zeitpunkt, als ich sah, da ist eine Lawine unterwegs, die keiner mehr aufhalten kann, war so 1997 und 1998. Ab 1998 brachten immer mehr Firmen die damals als mp3-Player bezeichneten Geräte auf den Markt. Und es wurde mehr und mehr aus dem Internet heruntergeladen. Was mein Team und ich nie als Ziel vor Augen hatten.

Derzeit arbeiten Sie an einem neuen Projekt. Worauf dürfen wir uns freuen?

Unser gegenwärtiges Thema ist Klang im Raum. Daran haben wir hier in Ilmenau über viele Jahre hinaus gearbeitet – mit vielen Lautsprechern, die für die richtige Klangfülle sorgen. Das haben wir auf der Cebit vorgestellt, indem wir in Hannover eine Dschungelwelt akustisch lebendig werden ließen. Mit vielen Tierstimmen und am Ende mit einem riesigen Gewitter. Die Besucher hörten all das, als seien sie mittendrin im Dschungel und zeigten sich begeistert. Ein anderer Traum ist, ein ähnliches Erlebnis über Kopfhörer möglich zu machen. Diesen Traum übrigens gibt es schon seit den 70ern.

Das zeigt, es ist alles andere als einfach, ihn zu verwirklichen.

Ja. Es gab viele Versuche und manche erwiesen sich auch als halbwegs gelungen. Immer neue Varianten haben aber nie so funktioniert, wie wir es uns wünschen, haben nie die perfekte Illusion erzeugen können.

Sie haben es geschafft, diese Nuss zu knacken?

Ja, an der Grundlagenforschung wurde in meinem, jetzt früheren, Fachgebiet über viele Jahre an der Lösung dieses Rätsels gearbeitet. Daran und an Grundlagenforschung von anderen Stellen konnten wir anknüpfen, darauf kam der Erfolg. Mit Brandenburg Labs, 2019 gegründet, und einem höchst motivierten Team haben wir ein Audioerlebnis über Kopfhörer entwickelt, wie es vorher noch nicht vorhanden war. Der Klang der realen Welt wird perfekt nachgebildet..

Für welche Anwendungen ist die Technik gedacht?

Es gibt einmal die Profianwendungen, wie zum Beispiel Musikstudios, die von unserer Erfindung profitieren. Aber auch bei Konferenzanwendungen, die ja auch Großeltern gern nutzen, um mit entfernten Enkelkindern zu sprechen, kann sie hilfreich sein und suggerieren, dass die Stimmen der Beteiligten im Raum zu hören sind. Und in absehbarer Zeit sorgt die Anwendung der Personalized Auditory Reality, kurz PARty genannt, dafür, dass jeder genau das hören kann, was er oder sie möchte, zum Beispiel in Gesprächen auf einer lauten Veranstaltung.  

Was macht Professor Karlheinz Brandenburg eigentlich, wenn er nicht forscht oder im Ehrenamt unterwegs ist?

Oh, ich kann durchaus auch mal fünf gerade sein lassen. Ja, ich wandere gern. Da zahlt es sich natürlich aus, in Ilmenau zu wohnen. Ich mag das Meer, besonders die Ostsee. Ich bin gern am Strand, auch da kann man prima wandern.

Herr Professor, vielen Dank für das Gespräch.

Bild: Prof. Karlheinz Brandenburg im Interview mit dem Thüringer Bogen | © Klaus-Dieter Simmen

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