Regionalmanagement Thüringer Bogen:

Das erste Mal machte es bei Micheal Kockelmann Klick, als die Familie das Fachwerkhaus in Kleinfahner sanierte. Zunächst ging es darum, die Bausünden der Vergangenheit zu beseitigen. Und so entsorgte er eifrig Gipskartonplatten und anderes Material. Das hatte er auch mit dem Lehmstaub vor, der bei den Arbeiten in Massen anfiel und ihm zu Füßen lag. Das kommt gar nicht in Frage, sagte ihm der Tischlermeister, den rührst du mit Wasser an und gleichst damit die Unebenheiten im Boden aus. Während der Mann, der sein Geld als Banker verdiente, genau das machte, begann er über diesen Baustoff nachzudenken. „Vor mehr als 300 Jahren wurde damit das Haus gebaut. Und heute taugte der Lehm nach wie vor als Rohstoff. Das faszinierte mich“, sagt er.

Zu dieser Zeit wohnte Familie Kockelmann in Luxemburg, also rund 500 Kilometer von Kleinfahner entfernt. Seine Frau Pia, gebürtig in diesem Fahner-Dorf, wollte unbedingt in ihrer Heimat das Fachwerkhaus erhalten. „Wir haben beschlossen, daraus Ferienwohnungen zu machen.“ Damals verschwendete Kockelmann noch keinen Gedanken daran, seinen Wohnort in Luxemburg mit Kleinfahner zu tauschen. Allerdings ließ ihn der Baustoff Lehm nicht mehr los. Zumal es im Ort mit dem Lehmwerk eine Firma gab, die augenfällig machte, in welcher Vielfalt der Universalbaustoff zu verwenden war.

„Mir wurde mehr und mehr bewusst, dass in der ganzen Diskussion um die Einsparung von CO2 ein wichtiger Faktor nahezu ausgeblendet wird: die Bauindustrie. Beim Bauen und beim Betrieb von Gebäuden kann viel CO2 eingespart werden, indem man da, wo es geht, Lehm einsetzt. Seit Jahrtausenden wird dieser Baustoff verwendet und er ist heute genauso zeitgemäß wie am Anfang“, schwärmt Michael Kockelmann. Dass Thilo Schneider, der 1992 das Lehmwerk eröffnete, 2020 schließen wollte und keinen Nachfolger fand, brachte die Kockelmanns zum Nachdenken. „Es war ohnehin eine Zeit, in dem ich mit meinem bisherigen Job haderte und immer weniger Sinn darin sah, Dinge zu verkaufen, deren Wichtigkeit ich bezweifelte. Kurz und gut: Mit 48 Jahren starte ich noch einmal neu durch und kaufte das Lehmwerk in Kleinfahner.“ Dazu gehörte auch, dass Ehefrau Pia und er eine Ausbildung zur Fachkraft im Lehmbau im Denkmalhof Gernewitz absolvierten.

Zum Betrieb gehört eine eigene Lehmgrube, gleich hinter dem Werksgebäude. Sie liefert noch viele Jahrzehnte den Rohstoff. Was gebraucht wird, um diesen zu veredeln, findet der Lehmbauer in der Region. Stroh vom Acker neben an, Holz aus nahen Wäldern, Blähglas aus Ilmenau, Hanf vom Bauern, um nur einige zu nennen – und alles gelangt auf kurzen Wegen nach Kleinfahner.

Wer mit Lehm bauen will oder sein Fachwerkhaus sanieren – Michael Kockelmann bietet umfassende Beratung an, hat Kontakte zu Architekten und Zimmerern und auch Energieberatern. Lehm reguliert die Feuchtigkeit in den Räumen, dämpft den Schall und verbessert die Akustik und bindet Schadstoffe, zählt der Lehmbauer einige Eigenschaften des Wunderbaustoffs auf. Mit seinem Wissen darüber will er nicht hinter dem Berg halten. Ab nächsten Monat gibt es in Kleinfahner Seminare zum Thema. Ein entsprechender Raum wird zurzeit eingerichtet. „Zunächst wenden wir uns an Handwerker“, sagt der Firmeninhaber, „doch schon gegen Ende des Sommers sollen die Seminare für alle Interessenten offen sein.“ Auf dem 18. Thüringentag vom 9. bis 11. Juni dieses Jahres in Schmalkalden präsentiert sich auch der Landkreis Gotha. Mit dabei ist das Lehmwerk aus Kleinfahner. „Wir freuen uns natürlich, dass wir die Vielfalt des traditionellen Baustoffes dort vorstellen können“, sagt Firmeninhaber Kockelmann.

Dass der aus dem Dreiländereck Belgien, Luxemburg und Deutschland stammende Mann Thüringer geworden ist, zeigt sich nicht nur in der Leidenschaft für seine neue Aufgabe. Unweit der Lehmgrube hat Michael Kockelmann Obstbäume gepflanzt. Für die Bestäubung stehen die Bienenbeuten gleich nebenan. Und weil er ein begeisterter Hobbykoch ist, liebt er es natürlich, seine eigenen Produkte zu ziehen.

Weitere Infos: www.das-lehmwerk.de

Bild: Wer mit Lehm bauen will oder sein Fachwerkhaus sanieren – Michael Kockelmann bietet umfassende Beratung an, hat Kontakte zu Architekten und Zimmerern und auch Energieberatern. | © Klaus-Dieter Simmen

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