Landkreis Gotha/Ilm-Kreis:

Die Industriegroßfläche Erfurter Kreuz hat sich als das größte und erfolgreichste Gebiet für Unternehmensansiedlungen in Thüringen etabliert. Nicht nur regionale, sondern auch international agierende Unternehmen wissen die Lage im Thüringer Bogen zu schätzen. Doch die regionale Entwicklung schafft es nicht, mit der wirtschaftlichen Entwicklung Schritt zu halten. Soll das Erfurter Kreuz weiterwachsen und wirtschaftliche Impulse für die Region rund um die Landkreise Gotha und Ilm-Kreis und die Thüringer Landeshauptstadt Erfurt aussenden, ist dringendes Handeln gefragt. Um sich für die Zukunft zu wappnen, erstellte die Agentur Timourou Wohn- und Stadtraumkonzepte aus Leipzig eine Siedlungsflächenkonzeption, die sowohl die Bedürfnisse der beiden Landkreise als auch der Landeshauptstadt Erfurt als Partner der Konzeption rund um das Erfurter Kreuz erfasst. Im Rahmen einer Bilanzkonferenz wurden die Ergebnisse am 27. Februar im Amt Wachsenburg im Ilm-Kreis vorgestellt.

„Bereits jetzt ist klar: Die Regionalentwicklung hinkt der wirtschaftlichen Entwicklung weit hinterher. Zwischen Erfurt und der Industriegroßfläche Erfurter Kreuz existieren starke Pendlerströme, die vermutlich weiter zunehmen werden. Darauf allerdings ist die Infrastruktur nicht ausgerichtet“, betont Landrätin Petra Enders und verweist auf den hohen Bedarf an Wohnraum in allen Segmenten in der Region. Durch die bereits erfolgten erfolgreichen Ansiedlungen am Erfurter Kreuz fehlt schon jetzt sozial verträglicher Wohnraum. „An dieser Stelle ist interkommunale Zusammenarbeit nötig“, sagt Landrat Onno Eckert. „In vielen Kommunen in unserer Region kann der Bedarf an Wohnungen nicht mehr gedeckt werden. Die künftigen Fach- und Arbeitskräfte für das Erfurter Kreuz werden auch im Umland nach geeignetem Wohnraum suchen. Das bedeutet, dass sowohl bei uns im Landkreis Gotha als auch in der Stadt Erfurt eine Zusatznachfrage entsteht. Es braucht daher regionale Abstimmung und Handlungsansätze. Beides bietet die gestern in Ichtershausen vorgestellte Siedlungsflächenkonzeption.“

Im Fokus der Untersuchung standen die Entwicklung des Arbeits- und Wohnungsmarktes und der Wohnbauflächen im Zeitraum bis 2035. Betrachtet wurden neben den Städten Erfurt, Gotha, Arnstadt und Stadtilm auch die Gemeinden Schwabhausen, Drei Gleichen, Nesse-Apfelstädt, Amt Wachsenburg sowie die Verwaltungsgemeinschaften Nesseaue und Riechheimer Berg.

Ausgehend vom weiteren Wachstum des Erfurter Kreuzes ist bis 2035 mit einem weiteren Bedarf an 5.000 Arbeitsplätzen zu rechnen. „Soll sich die Wirtschaft weiter positiv entwickeln und wettbewerbsfähig aufgestellt sein, ist weitere Zuwanderung notwendig. Wohnungsleerstände im Bestand stehen aufgrund der aktuellen Flüchtlingssituation jedoch kaum noch zur Verfügung“, so Landrätin Petra Enders. Gleichzeitig wird zusätzlicher Wohnraum für Zuziehende sowie für die Befriedigung der Wohnwünsche der Bürgerinnen und Bürger vor Ort benötigt.

Bis 2035 wurde im Rahmen der Siedlungskonzeption ein Bedarf von 6.570 Wohnungen ermittelt. Spätestens ab 2028 bis 2033 ist die Nachfrage nach Wohnungen im Geschosswohnungsbau viel größer als das Angebot: Angenommen wird ein Defizit von 2.470 Wohnungen. Gleiches gilt für die Nachfrage nach Eigenheimen. Hier steht einem prognostizierten Bedarf von 3.200 Eigenheimstandorten lediglich ein Wohnbaupotenzial von 1.530 Wohnungen im Eigenheimbereich gegenüber.

„Mehr Fachkräfte brauchen aber nicht nur mehr Wohnraum. Auch die Infrastruktur, die bereits jetzt aus allen Nähten platzt, muss dringend mit der wirtschaftlichen Entwicklung konform gehen, wollen wir die Lebensqualität erhalten, ausbauen und den Standort Erfurter Kreuz sowohl für Einheimische als auch für Zuziehende attraktiv gestalten. Das fängt bei Straßen und Radwegen an, die den Pendlerströmen angepasst werden müssen, und hört bei der sozialen Infrastruktur auf. Das Gleiche gilt für die medizinische Versorgung. Auch Schulen und Kindergärten, sowohl in Arnstadt als auch im Amt Wachsenburg, müssen wachsen, verbunden mit entsprechenden baulichen Erweiterungen und der entsprechenden Ausstattung mit Lehrerinnen und Lehrern, Erzieherinnen und Erziehern. Hier ist der Druck besonders groß und überfordert nicht nur Kommunen, sondern auch Landkreise“, betont Enders.

Untersucht wurde in der Konzeption die vorhandene Raumstruktur (Siedlungen, Verkehr, Versorgung etc.). Auf der Grundlage gemeinsamer Grundsätze räumlicher Entwicklung wurde ein räumliches Leitbild für die Region Erfurter Kreuz entwickelt. Mit dem Leitbild wird deutlich, welche Stadt oder Gemeinde welchen Beitrag zur Entwicklung der Region Erfurter Kreuz leisten kann und will.

Für die Umsetzung müssen nun durch die einzelnen Gebietskörperschaften jeweils mit formalen Planungen die Voraussetzungen geschaffen werden. „Die Siedlungsflächenkonzeption soll kein Papier sein, das in einer Schublade verschwindet. Denn klar ist: Es besteht Handlungsbedarf, der nicht an kommunalen Grenzen Halt macht. Um das Konzept mit Leben zu füllen, braucht es neben der Zustimmung von Kreistags-, Stadtrats- und Gemeinderatsmitgliedern auch eine kontinuierliche Umsetzung“, ergänzt Landrat Onno Eckert. Um das zu unterstreichen, soll eine Kooperationsvereinbarung Erfurter Kreuz zwischen den beteiligten Landkreisen, Städten und Gemeinden geschlossen werden. Die Kooperationsvereinbarung beinhaltet die Ziele und die weitere gemeinsame Vorgehensweise, um die Region weiterzuentwickeln und für Fachkräfte in allen Bereichen des täglichen Lebens zukünftig attraktiv zu gestalten.

Die komplette „Siedlungsflächenkonzeption Erfurter Kreuz“ steht hier online zur Verfügung. Die Erstellung der Konzeption wurde vom Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft gefördert.

Bild: Hausbau im Thüringer Bogen | © Thüringer Bogen

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