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Viermal im Jahr besteigt Thomas Ortlepp aus Friedrichroda einen Flieger, der ihn nach Fernost bringt, ins japanische Yokohama. Dort eilt er zur Universität, um für ein oder auch zwei Wochen seine Studenten zu unterrichten, in Energieeffizienter Elektrotechnik und Quantentechnologie. Seit 2015 hat er die Professur in Japan inne. Und jetzt, nach dem die coronabedingten Schranken gefallen sind, freut er sich, dass diese wieder in vollem Umfang ausgeübt werden kann.

Als Kind war ihm klar, für ihn gibt’s nur einen Beruf mit Schalter. Der Bruder, über ein Jahrzehnt älter, lebt seine Leidenschaft für Tiere aus, baute eine Landwirtschaft auf, in der sich jegliches Getier tummelt, das zu einem Bauernhof gehört. Der jüngere Bruder half hier gern und fühlte sich unter Schweinen, Kaninchen, Pferden und Hühnern auch wohl. Nur, dass ein Landwirt jedes Wochenende arbeiten muss und keinen Urlaub in Aussicht hat, dies missfiel ihm. Und so begann er schon mit acht oder neuen Jahren, sich brennend für das Innenleben allerlei Geräte zu interessieren. Das hieß: Auseinandernehmen und Zusammenbauen, falls das klappt. Genau das tat es mehr und mehr und offenbarte schon früh das technische Talent des Jungen.

Dass dieser einst eine ordentliche Professur an der Universität von Yokohama bekommen würde, war natürlich nicht zu ahnen. Zunächst machte der Junge, der sich seit dem zwölften Lebensjahr brennend dafür interessierte, was das Innerste eines Mikrochips ausmacht, seine zehnte Klasse. Begann im Waltershäuser Gummiwerk eine Lehre als Industriemechaniker, mit Abitur versteht sich. Kaum hatte er das in der Tasche, ging’s zum Studium der Mathematik nach Ilmenau. Im Nebenfach sammelte er Wissen über Technische Informatik. Doch das reichte Thomas Ortlepp längst noch nicht. Nathos widmete er sich dem nächsten Studium: Theoretische Elektrotechnik mit Blick auf Quantentechnologie. Nächste Station des 49-jährigen Friedrichrodaers wird die Universität von Twende. Hier forscht er mit anderen Wissenschaftlern und darf die Ergebnisse 2006 in der Fachzeitschrift Sience veröffentlichen. Das war der „Bild-Zeitung“ übrigens eine ganze Seite wert, auf der sie den Thüringer ausgiebig vorstellte. Von Holland aus führte ihn sein Weg zurück nach Ilmenau, wo er habilitierte, das heißt sich auf den Weg machte, eine Lehrbefähigung als Professor zu erwerben.

Das war 2010 erledigt und der Mann begab sich nach Amerika. „Schon als Jugendlicher wünschte ich mir sehnlichst, einmal dahin zu kommen, wo alles begann, wo der erste Mikrochip überhaupt gebaut wurde“, erinnert sich Ortlepp. Dazu bekam er nun die Gelegenheit, denn er durfte in Kalifornien an der University of California, Berkeley, arbeiten. „Da war ich mittendrin im Herz dieser Industrie!“ Mit der gesamten Familie war er über den großen Teich in die USA gezogen, die Zelte in Deutschland abgebrochen. „Und ehrlich, wenn ich nicht die Möglichkeit gehabt hätte, wieder nach Friedrichroda zurückzuziehen, wäre ich dortgeblieben.“ Aber es gab ein Angebot aus Erfurt vom CiS – Forschungsinstitut für Mikrosensorik GmbH und das änderte alles. Die Familie zog zurück in die alte Heimat, Ortlepp begann seine Tätigkeit in der Landeshauptstadt. Heute ist er dort Geschäftsführer und Institutsleiter, dieser übrigens rechtlich selbstständigen Einrichtung der TU Ilmenau.

Und wie, bitte schön, wird man nun Professor in Japan? Nun, ja, sagt der Friedrichrodaer, so mit Ausschreibung wie in Deutschland geht das nicht. „Dort werden andere Wege beschritten, um den Studenten die weite Welt nahe zu bringen. Reisen können sich die wenigsten während des Studiums leisten, danach sieht’s nicht anders aus.“ Deshalb setzen die Unis in Japan darauf, Fachkräfte aus anderen Ländern ins Land zu holen. Dazu werden Komitees gebildet, die sich umsehen und die ausgewählten einladen. „Und eines schönen Tages brachte mir die Postfrau einen dicken Brief aus Japan. Darin wurde ich sowohl in der englischen und deutschen Version sowie dem japanischen Original eingeladen, als Gastprofessor zu unterrichten“, erzählt Thomas Ortlepp. So überraschend das kam, Verbindungen dorthin gibt es schon länger. Kontakte mit japanischen Forschern, wissenschaftlicher Austausch mit Vertretern aus dem Land der aufgehenden Sonne pflegt der Thüringer seit Jahren.

Dass der Vater dreier Töchter nicht mit Familie und Sack und Pack nach Yokohama zog, macht Sinn. Denn das CiS-Forschungsinstitut in Erfurt ist natürlich ein bestens geeignetes Ziel für seine japanischen Studenten. „Was jetzt zwei Jahre ruhte, läuft nun wieder an: Im Frühjahr erwarten wir wieder Praktikanten aus Japan“, freut sich der Professor.

Bild: Schon als Junge wollte Prof. Thomas Ortlepp wissen, was das Innerste eines Mikrochips ausmacht. Heute besteigt der Friedrichrodaer viermal im Jahr einen Flieger, der ihn nach Fernost bringt, ins japanische Yokohama, um für ein oder auch zwei Wochen seine Studenten zu unterrichten, in Energieeffizienter Elektrotechnik und Quantentechnologie. | © Klaus-Dieter Simmen

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